Ein häufiger Anblick, eine typische Konstellation: Gepflegte Wohnung, ältere Dame, alleinstehend. Auf dem Tisch: Ein elektronisches Blutdruckmessgerät, einige Schachteln mit Blutdruckmedikamenten und ein akribisch geführtes Blutdruckprotokoll, eng beschrieben in den letzten Stunden.
Die ältere Dame ist beunruhigt, aufgeregt. Gerötetes Gesicht, schnelles Atmen, nervöses Umherlaufen. Der Grund: Ihr Blutdruck ist ausser Rand und Band. Erschreckend hohe Werte hat sie in den letzten Stunden gemessen und aufgeschrieben. Und mit jeder Messung waren die Werte gestiegen. Da half weder Nifedipin noch Nitro-Spray.
Ob das Messgerät vielleicht kaputt ist? Nein, der Arzt misst ganz ähnlich hohe Werte mit seinem alten Riva-Rocci-Blutdruck-Messer.
Das Messgerät ist nicht kaputt. Aber es trägt zu dieser “Bluthochdruck-Spirale” wesentliches bei: Jeder hohe Messwert steigert die Angst der Patientin. Jede Angststeigerung der Patientin steigert den Blutdruck. Und wieder von vorne.
Der Arzt verordnet einen Blutdrucksenker und verbietet das Blutdruckmessen, zumindest für die nächsten Stunden. Er beruhigt und entdramatisiert. Klare Anweisungen, eindeutige Uhrzeiten und zur Beruhigung Einweisung und Transportschein dalassen. Und siehe: Es wirkt.
Fazit: Nicht für alle Patienten sind diese modernen, präzisen, einfachen und preiswerten Messgeräte zu Hause wirklich von Nutzen.
(siehe auch “If you don’t take a temperature you can’t find a fever”)