Flucht aus der Pflege

Es wird als erschreckend dargestellt, dass jeder fünfte Pflegende über einen vorzeitigen Ausstieg aus der Pflege nachdenkt. Das ergab eine im Jahr 2005 veröffentlichte NEXT-Studie (Nurse early exit study). Das Ergebnis wundert mich ehrlichgesagt nicht, wenn ich an all meine Kollegen denke, die mit ihrer beruflichen Situation unzufrieden sind.
Erst nehmen wir eine überaus anstrengende Ausbildung in Kauf, machen ein sehr anspruchsvolles Examen um dann festzustellen, dass wir in diesem Beruf nicht alt werden möchten oder können. Das ist der völlig normale und häufige Verlauf in unserem Job.

Gründe für die Flucht aus der Pflege gibts genügend:

  • schwere körperliche und psychische Arbeit
  • schlechte Bezahlung
  • ungünstige Arbeitszeiten / Schichtdienst
  • schlechtes Image des Berufs
  • Probleme in der Führung (unfähige Leitungen, PDL)
  • unangenehmes Arbeitsklima
  • negative Auswirkungen auf das Privatleben
  • keine Möglichkeit der adäquaten Kinderbertreuung
  • zunehmendes Arbeitsaufkommen
  • körperliche Beschwerden

In der NEXT-Studie haben sich zwei Probleme sehr bald als die Hauptgründe für den vorzeitigen Ausstieg aus der Pflege hervorgehoben:

  • Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Familie und Beruf
  • fehlende berufliche Entwicklungsmöglichkeiten

Es ist tatsächlich nicht leicht Familie mit dem Schichtdienst zu kombinieren. Auch, wenn man sämtliche organisatorisch Fähigkeiten einsetzt, mind. eine Seite leidet immer darunter. Entweder kann man sich nicht in der Arbeit konzentrieren, weil man gedanklich bei den Kindern, die hoffentlich was warmes gegessen und ihre Hausaufgaben ordentlich gemacht haben, ist oder man engagiert sich im Job auf Kosten der Kinder und überläßt die Erziehung Fremden. Wenn man versucht es allen recht zu machen, wird man diesen Druck und die Belastung irgendwann nicht mehr aushalten und wird krank. Ich denke, aus diesem Grund findet man sehr viele Mütter evtl. in der ambulanten Pflege oder im Dauernachtdienst, denn von familienfreundlichen, flexiblen Arbeitszeiten sind wir in Deutschland im Pflegebereich noch weit entfernt. Viele wollen sich die Belastungen des Berufs nach der Babypause auch gar nicht mehr antun und nehmen wirklich sogar branchenfremde Aushilsjobs an, gehen putzen oder beschäftigen sich mit der Buchführung der Firma des Ehegatten und sind froh nicht mehr in die Pflege zurückkehren zu müssen.
Es sind aber nicht nur Mütter, die ihr Schwesterndasein an den Nagel hängen. Häufig treffen gerade die überaus engagierten und ehrgeizigen unter uns diese Entscheidung. Es mangelt in diesen Fällen ganz einfach an Ausstiegsmöglichkeiten, die dann auch noch adäquat bezahlt werden. Klar kann man beispielsweise eine Weiterbildung zum Mentor absolvieren. Und dann? Ja, dann ist man Mentor, ist für die Anleitung, Einarbeitung und teilweise Führung von Schülern und neuen Mitarbeitern verantwortlich und das wird weder finanziell noch bzw. sehr selten durch ein Lob honoriert!
Oftmals ist es aber auch so, dass manche Kollegen sehr gerne eine an einer Weiterbildung oder an Fortbildungen teilnehem möchten, aber keine Möglichkeit dazu haben oder es werden ihnen sogar Steine in den Weg gelegt. So sinkt natürlich auch die Motivation und ernsthafte Fluchtgedanken aus diesem Beruf sehr wohl nachvollziehbar.

Ich denke in unserem Beruf muss noch wirklich viel passieren damit er so attraktiv wird, dass ein vorzeitiger Ausstieg kein Thema mehr ist.

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