Ein Film, ein Krimi bietet die Möglichkeit, dass ein brisantes Thema wie die Sterbehilfe nicht nur im Expertenrat hängen bleibt. Zwar ist dem Krimi sein Geschäft auch der Tod, doch liegt dies meist beim Mord und dem Warum dahinter. Der Tatort gestern im ARD „Der glückliche Tod“ hat das Thema „Sterbehilfe“ nicht nur angerissen. Er hat dem Thema einen guten Raum gegeben, neben dem Hauptmotiv: Das „schnelle“ Geld mit Gift für den Suizid.
Doch ganz zum Vorschein ist es nicht gedrungen, ob es nun ein Nein gibt oder eine Gewährung der Sterbehilfe. Aber ein Gut gibt es für die Darstellung das Leben mit einem todkranken Kind: Die Eltern an ihren seelischen Grenzen, die Erkrankung stellt immer wieder die Frage, ob es überhaupt noch eine Lebensqualität gibt, das Leid liegt schwer und der Tod, wann er kommt ist ungewiss. Es kann jeden Tag sein, das Kind kann aber auch noch länger mit der schweren Erkrankung leben, sich wieder aufrappeln. Die genaue Prognose, wann der letzte Atemzug fällt, kann nicht gestellt werden. Mit dieser Ungewissheit, jeden Tag, die nächste Woche könnte unser Kind sterben, müssen wir, wie auch andere Eltern todkranker Kinder, leben. Ein „Klarkommen“ damit wurde von der Mutter des Mädchens, welches eine schwere Ausprägung der Mucoviszidose hat, verneint.
Wie auch sonst wäre das Bestreben der Mutter erklärbar, dem Kind ein Gift zu verabreichen, es zu besorgen. Doch dies scheiterte. Die „verkaufende“ Person, leitendes Mitglied vom Sterbehilfeverein, lehnte den Willen der Mutter letztendlich ab, was einen moralischen Konflikt der Sterbehilfe zeichnet: Ab wann, welchem Alter, „gewährt“ man den „Freitod“? Ist der Wunsch eines schwer kranken Kindes sein Leben zu beenden genauso „ernst“ zu werten wie der eines Erwachsenen? Neun Jahre ist das Mädchen alt.
Dieser Konflikt schärft sich: Eine Jugendliche habe zuvor das Gift gekauft und sich dann, wegen Liebeskummer, umgebracht. Damit stellt sich die Verweigerung des Verkaufs vom Gift in einem anderen „Ecke“, weg von der Moral: Es gab mit dem Vater der Jugendlichen ein Rechtsverfahren, wodurch die Verweigerung auch eher Selbstschutz der Verkäuferin war und keine moralische Antwort.
Die Sterbehilfe wird dem Kind verneint vom Verein. Aber damit wir bei dieser These bleiben dürfen, können wir wohl auch der Frage verdanken, wie leicht jemand manipulierbar ist, gerade ein Kind. Übertragen können wir dies auf die ohnmächtige Lebenssituation eines schwer kranken Erwachsenen. Der Tod durchs Gift lässt sich eben auch schnell als Weg des geringsten Widerstand darstellen, einen Ausweg aus der Ohnmacht „Erkrankung“ zu finden. Andere Hilfen werden verdrängt. Andere „Darstellungen“, die mit Sterben und Tod nicht gleich Trauma sind, gibt es nicht.
Doch bleiben wir beim Kind und man findet die Frage: Ist die Idee des „schnellen“ Todes nicht von der Mutter selbst gekommen, da sie es nicht mehr aushält jeden Tag mit der Ungewissheit und den Belastungen, die ständige Atemnot vom Kind, durch die Krankheit zu verbringen? Das Kind im Film wollte sterben. Doch wollte es das Mädchen eher deshalb, da es mit der Mutter kooperiert, sich also verantwortlich sieht für das Leiden ihrer Eltern?
Genaues darüber lässt sich nicht finden. Doch steht am Ende des Films die Frage immer noch, ob die Angehörigen nicht eher den Tod wünschen, aufgrund ihrer eigenen Ohnmacht, als der betroffene Kranke selbst. Ein weiterer Hinweis hier in die Nähe eines Ja zu kommen: Der Vorsitzende vom Sterbehilfeverein war Arzt viele Jahre auf einer Krebsstation mit Kindern. Zuerst verstärkt diese Auskunft das moralische Recht auf die aktive Sterbehilfe, doch dann relativiert es sich, bedingt auch durch die Kommissarin. Durch sie kam es zum Bruch, die Ohnmacht mit dem Sterben, dem „unvorbereiteten“ Tod mit harten Rationalisierungen zu begegnen, bricht sie in die emotionale Ebene auf. Der Schmerz, die Trauer darüber möchte, bricht am Ende heraus.
Unvorbereitet trifft dem Zuschauer der Tod des Kindes nicht. Die Dialoge vom Mädchen mit ihrem Bruder über den kommenden Tod, wie auch die Gesten, Dinge zu verschenken geben die Richtung an. Ein Pluspunkt, was eine Ahnung zeigt von notwendigen „Ritualen“, um vom vorbereiteten Sterben „zu reden“, die helfen können, das Gehen von der Welt zu zulassen. Eine Ahnung bleibt am Ende auch, ob der Wille zur Sterbehilfe nicht eher ein Paradoxon war, die Angst, überhaupt dem Tod vom eigenen Kind zu begegnen.
Doch offen bleibt die Frage: Wenn die Familie mit der Kinderhospizarbeit betreut gewesen wäre, ob auch dann die Figur der Mutter hätte so aufgebaut werden können mit dem starken Willen, ihr Kind mit einem Gift zum sterben zu „verhelfen“. Sicherlich, möglich wäre es. Doch fehlte diese Hilfe als Lösungsweg für Betroffene ganz, wie auch das Wort „Palliativ“, als gäbe es dies nicht.
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