Anamnese, klinischer Untersuchungsbefund und Diagnostik bestätigten die Diagnose CRPS Typ II nach Sulcus-Ulnaris-Operation. Aufgrund der Befundkonstellation der körperlichen und elektrophysiologischen Untersuchung wurde der Verdacht auf eine höher gelegene Läsion im Bereich des Plexus brachialis gelenkt. Die MRT-Diagnostik ergab eine ausgeprägte Metastasierung mit Kompression am Plexus brachialis.
Diskussion
Anamnese, klinischer Untersuchungsbefund und Diagnostik bestätigten die Diagnose CRPS Typ II nach Sulcus-ulnaris-Operation. Alle Kriterien nach Brühl et al. [1] waren erfüllt. Hinzu kam ein eindeutiger Befund in der 3-Phasen-Skelettszintigraphie mit typisch bandförmigen, periartikulären Mehrbelegungen an den Fingern in der Spätaufnahme [2] (Abb. 2 der Druckfassung).
An dieser Stelle war die Diagnostik jedoch noch nicht abgeschlossen. Vordergründig hätten sowohl das von dritter Seite vermutete Sulcus-ulnaris-Syndrom (SUS) als auch die deshalb später erfolgte frustrane operative Behandlung zu einem CRPS Typ II führen können. Die Frage, ob ein solches Kompressionssyndrom primär, d. h. vor Entstehen des CRPS vorlag, konnte nicht beantwortet werden, da die präoperativen elektroneurographischen Befunde nicht vorlagen. Bemerkenswerter war jedoch, dass eine vorherige Kortikoidapplikation am Sulcus ulnaris nicht einmal kurzfristig zu einer Besserung der Symptome geführt hatte. Zudem zeigte unsere Anamnese, dass schon von Beginn an eine mit der Diagnose eines SUS unvereinbare Schwäche der Thenarmuskulatur von der Patientin bemerkt worden war.
In der klinischen Untersuchung bei der Erstvorstellung fanden sich deutliche Atrophien und Paresen der N.-ulnaris- und N.-medianus-versorgten Muskulatur mit einer aufgehobenen Oberflächenempfindung im Innervationsgebiet des N. ulnaris (Abb. 1).
Abb. 1: Skizzierung des Plexus brachialis
Insgesamt schied daher eine isolierte Affektion des N. ulnaris aus. Ein Karpaltunnelsyndrom war aufgrund der neurographischen Diagnostik unwahrscheinlich, weiterhin waren in der klinischen Untersuchung die proximalen Anteile des N. medianus ebenfalls betroffen. Von einer elektromyographischen Untersuchung mittels traumatisierender Nadelelektrode wurde bei dem floriden CRPS Abstand genommen.
Aufgrund der Befundkonstellation der körperlichen und elektrophysiologischen Untersuchung wurde der Verdacht auf eine höher gelegene Läsion im Bereich des Plexus brachialis gelenkt, was angesichts der Karzinomanamnese unbedingt abzuklären war (Abb. 2).
Abb. 2: Fotodokumentation der Hände am Tag der Vorstellung. Es stellten sich Atrophien der Thenar- und Hypothenarmuskulatur dar
In der Tat ergab die MRT(Magnetresonanztomographie)-Diagnostik eine ausgeprägte Metastasierung mit Kompression am Plexus brachialis (Abb. 3).
Abb. 3: MRT der HWS: Es stellt sich ein raumfordernder Prozess mit einer Größe ca. 5×6x7cm unmittelbar infra- und retroclaviculär links dar. Die Gefäße sind teils ummauert und der infraclaviculäre und axilläre Anteil des Plexus cervicobrachialis langstreckig infiltriert. Die Pfeile markieren die Metastase
Rückblickend bleibt offen, ob primär neben der Plexusaffektion auch ein Sulcus-ulnaris-Syndrom vorgelegen hatte.
Literatur
[1] Bruehl S, Harden RN, Galer BS et al. (1999) External validation of IASP diagnostic criteria for complex regional pain syndrome and proposed research diagnostic criteria. International Association for the Study of Pain. Pain 81: 147–154
[2] Zyluk A, Birkenfeld B (1999) Quantitative evaluation of three-phase bone scintigraphy before and after the treatment of post-traumatic reflex sympathetic dystrophy. Nucl Med Commun 20: 327–333