Das erste, was wir kennen lernten als „Differential“-Diagnose zur Wahrnehmungsstörung bei der Madame war die Frage „Autismus“. Sie war noch kein halbes Jahr alt, als die Fragerunde dazu immer wieder von vorne begann, nicht von uns, sondern die, die sich darin üben Diagnosen zu stellen, also Ärzte, Pflegekräfte oder die Therapeuten, aber auch andere Eltern vom Fach, also die von behinderten, oder sagen wir lieber, besonderen Kindern. Natürlich, sie lebt in ihrer Welt und es gibt Tage, wo man ganz schwer zu ihr eine Brücke bauen kann, um zu wissen, was stört sie gerade, was braucht sie von uns.
Letztendlich hieß die Diagnose mit dem ersten Lebensjahr nicht Autismus, aber wir können uns nicht ganz von den Gedanken trennen, bei ihr von autistischen Zügen zu reden. Ihre Form der anderen Wahrnehmung „ihrer“ Welt und des Abschaltens aus „unserer“ Welt, wenn ihr was nicht passt oder es ihr zu viel wird, verlangt eine Definition. Es soll keine Schublade sein, aber wie soll man sonst den „Anderen“ ihre Welt erklären. Begriffe erleichtern es, fassen zusammen.
Aber haben Sie sich schon mal die Frage gestellt, ob Sie vielleicht auch ein „versteckte“ autistische Züge haben? Nun, ich begegnete ihr heute. Eine Fragebogen wollte und sollte es wissen. Doch Vorsicht, falls Sie auch durch die über hundert Fragen ihre Antwort kreuzen und das Ergebnis Sie plötzlich erschreckt oder auch nicht. Ein Fragebogen (der Aspie-Quiz) im Netz ersetzt keine Diagnostik eines Facharztes und will es sicherlich auch nicht, sondern wohl eine Richtung aufzeigen. Und betrachtet man die einzelnen Fragen aus einem ganz anderen Blickwinkel, dann spricht das Ergebnis vielleicht wieder für etwas ganz anderes. Schließlich, so manche Frage, deren Antwort, ist auch abhängig von der gegenwärtigen Stimmung, die man in sich trägt und den aktuellen Blick aufs Leben.