In der Diskussion zu diesem Posting ist die Frage angesprochen worden, ob der Unterschied zwischen “Fachkreisen” und “Laien” bei der Information und Werbung bei Arzneimitteln überhaupt gebraucht wird. Dazu zunächst ein Clip von Consumers International. Der Hintergrund: Pharmakonzerne arbeiten an einem eigenen TV-Kanal, der Informationen an die Patienten bringen soll, wenn die Informationseinschränkungen in Europa gelockert sind.
Das kann bald Wirklichkeit werden. Die EU-Kommission plant die Werbe- und Informationseinschränkungen lockern. Der Kommissar für Industrie und Unternehmenspolitik, Günter Verheugen, hatte Anfang des Jahres ein Konzept vorgelegt und zu Stellungnahmen aufgerufen. Einige davon sind im Folgenden verlinkt. Trotz der überwiegend zurückhaltenden bis negativen Reaktionen, auch von Regierungen, hat Verheugen seinen Vorschlag als Richtlinienentwurf in die EU-Kommission eingebracht und ist gescheitert. Innerhalb der EU-Kommision ist die Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou eine der vehementesten Kritiker. Ende November will “EU-Pharma-Kommissar” Verheugen einen zweiten Anlauf nehmen.
Hauptkritikpunkt ist, dass die Pharmaunternehmen die Möglichkeit bekommen, unkontrolliert ihr Marketing auf die Patienten auszudehnen – DTC-Marketing (direct-to-consumer) genannt. Zwischen Werbung und sachlicher Information könnte nicht klar unterschieden werden. Verheugens Vorschlag sieht eine Genehmigung von Informationsangeboten durch einzelstaatliche Aufsichtsbehörden lediglich in Einzelfällen vor.
pharmaceutical company information provided direct to patients/public will very likely have the direct or indirect effect of promoting products – even if the information material does not fall within a definition of ‘advertising’
PPOSI believes that the distinction between “advertising” and “information” as presented in the consultation document continues to remain somewhat confusing” and requires further clarification.
CI believes that in light of the considerable effort by the pharmaceutical industry to expand operations in emerging markets, the EU legal proposal could set a dangerous precedent for countries who are simply not equipped to cope with the monitoring and enforcement of information to patients as envisaged by this proposal.
The legitimate concerns of patients could have been addressed while recognising the well founded concern about industry involvement in this area. Instead they offer a future in which the pharmaceutical industry can freely communicate information about its products in the mass media, but with a system of weak sanctions, conflicts of interest at national level, and a watered down system of quality criteria.
In a highly competitive environment, drug companies must promote their products above the use of other preventive or curative options, thus any “information” they provide is, by definition, of promotional nature. This inevitable conflict of interest means that a drug company could never be expected to provide reliable comparative information.
Die Industrie verfolgt legitimerweise primär das Ziel, Gewinne zu erzielen. Sie ist daher stets bestrebt, ihre Produkte als attraktiv und wertvoll darzustellen. Es kann vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass sie Informationen über eigene Produkte verbreitet, die diese in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen.
Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Marketing könnten die Patienten die Verlierer sein. Dass diese Befürchtung nicht unbegründet ist, zeigt eine Untersuchung aus den USA („Government Accountability Office Report“), wo die Pharmaindustrie sich schon seit vielen Jahren direkt an den Patienten wenden kann („direct to comsumer“). Das wichtigste Ergebnis dieser Untersuchung aus dem Jahr 2007 ist, dass sich Auswahl und Inhalt der von der pharmazeutischen Industrie initiierten Aufklärungskampagnen weniger am Bedarf der Patienten orientiert, sondern sich vielmehr nach den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen richtet.
Unterstützung der Organisation Praxisbroschüren sind ein unentbehrlicher Organisationshelfer, denn durch die Zusammenführung aller vor allem für Neupatienten relevanten Detailinformationen tragen sie dazu bei, Kommunikationszeit für Routineauskünfte einzusparen. So konnte in Arbeitsanalysen ermittelt werden, dass die Medizinischen Fachangestellten in Betrieben ohne Broschüren für Patienteninformationen zu wiederkehrenden Standardfragen (Öffnungszeiten, Angebotsspektrum etc.) durchschnittlich 39 Minuten pro Tag aufwenden. […]
Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Arztpraxis-Bereich sind i.d.R. auf die Praxisinhaber ausgerichtet. Doch auch die Mitarbeiterinnen haben – so zeigen die Ergebnisse von Praxisanalysen immer wieder – mit gravierenden Problemen zu kämpfen, die den oft sehr anstrengenden Arbeitsalltag erschweren und die Arbeitsfreude mindern. Der „Kummerkasten“ ist vor diesem Hintergrund ein kostenfreies Beratungsangebot für Praxismitarbeiterinnen, das helfen […]
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kann keinen Nutzen des als Alzheimer-Medikament vermarkteten Wirkstoffs Memantin (engl. Memantine) erkennen. Merz Pharma vertreibt das Präparat unter dem Handelsnamen Axura® (früher als Akatinol Memantine®). Lundbeck und Forest vermarkten den Stoff in Lizenz unter den Handelsnamen Ebixa® bzw. Abixa® und Namenda®.
Es gibt keinen Beleg für einen Nutzen der Memantin-Therapie bei Patienten mit Alzheimer Demenz. Dies gilt für Patienten mit mittelschwerer und schwerer Alzheimer Demenz gleichermaßen. Auch für die Behandlung als Monotherapie sowie in Kombination mit anderen Antidementiva gibt es jeweils keinen Beleg für einen Nutzen.
Die Bewertung des IQWiG kommt nicht überraschend. Das Institut liegt auf einer Linie mit seinem britischen Pendant NICE, das ebenfalls keinen Beleg für einen Nutzen des Präparat erkennen konnte und einen Einsatz von Memantin außerhalb von klinischen Studien ablehnt.
Merz erzielte mit dem Medikament zuletzt einen Jahresumsatz von deutlich über einer Milliarde Euro, auch ein Erfolg der fragwürdigen und zum Teil illegalen Marketingpraktiken, die wir hier im Blog immer wieder dokumentiert haben.
Die weitere Erstattung des Medikaments durch die gesetzlichen Krankenkassen ist nun in Frage gestellt. Die endgültige Entscheidung liegt beim Gemeinsamen Bundesausschuss.