„Während ich warte, schießen mir plötzlich Gedanken durch den Kopf von Partys und ausgelassenem Tanzen. Ob ein alter Mensch sich dieselben Dinge zusammen spinnt wie ich? Empfindet er Langeweile genauso stark?“ Eine 23-jährige Studentin war einen Tag lang immobile Bewohnerin eines Pflegeheimes. Sie schildert ihre Selbsterfahrung: Scham bei der Intimpflege, das quälende Gefühl, von anderen Menschen abhängig zu sein und die Langeweile während des Wartens auf die Pflegekraft. Ob alte Menschen auch so empfinden, fragt sie sich.
Dass eine angehende Journalistin dieses Experiment wagt, ist ganz sicher lobenswert. Antworten auf ihre Fragen wird sie allerdings nur durch eine aktive Kommunikation mit Betroffenen erhalten. Gern werden in unserer Gesellschaft gruselige Fremdbilder über das Altern gezeichnet. Im Interesse eines konstruktiven Umgangs mit der Realität einer alternden Gesellschaft sollten wir aber auch nicht unterschätzen, was wir von alten Menschen über den Umgang mit körperlichen und seelischen Veränderungen lernen können. „Auf andere angewiesen zu sein, nicht mehr Herr meiner Kräfte zu sein. Könnte ich jemals so leben? Was ist, wenn ich irgendwann keine andere Wahl mehr habe?“ grübelt die Studentin. Alter und körperliche Abhängigkeit sind zwar häufig nicht abwendbar, doch es liegt in der Macht und in der Verantwortung der jungen Generation, sich damit auseinanderzusetzen, wie sie alt werden möchte. Aktive Gestaltung scheint hier eher angebracht als passives „lieber nicht dran denken“. (Al)