[Unter dem Thema “medizinisches Wissen für Jedermann” veröffentlicht Der andere Hausarzt leicht verständliche Texte in denen medizinische Sachverhalte erklärt werden. Hierbei geht es vor allem um Dinge, die einem täglich beim Hausarzt begegnen. Den Anfang macht eine Artikelreihe zum Thema Blutuntersuchung.]
Teil 2: Das Blutbild
Das sogenannte Blutbild ist eine Messung der Anzahl an Zellen im Blut. Normalerweise besteht das Blut zu 38-50 Prozent aus Zellen, der Rest ist Flüssigkeit (Plasma) und in der Flüssigkeit schwimmende Stoffe, wie Eiweiße, Mineralien und Gerinnungsstoffe. Die Gesamtzahl der Zellbestandteile wird Hämatokrit genannt. Bei Frauen liegt der Normalwert für das Hämatokrit bei 38-45%, bei Männern 40-50%.
Der Zellbestand setzt sich zusammen aus roten Blutkörperchen (Erythrozyten), weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und Gerinnungskörperchen (Thrombozyten).
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten)
Die Erythrozyten (kurz: Erys) bilden den weitaus größten Anteil am Zellgehalt des Blutes. Sie haben die große Aufgabe, den in der Lunge aufgenommenen Sauerstoff mittels Eisenbindung zu den Organen und ihren Zellen (Zellatmung) zu transportieren. Sauerstoff ist die Grundlage jeden Verbrennungsvorgangs im Körper und somit Lebensgrundlage. Mangel an roten Blutkörperchen nennt man Anämie (Blutarmut), ein Zuviel an roten Blutkörperchen Polyglobulie (Blutfülle).
Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
Die Leukozyten (kurz: Leukos) sind zuständig für die zelluläre Immunabwehr im Körper. Zu den Leukozyten zählen eine Anzahl verschiedener Zellen mit unterschiedlichen Aufgaben (Lymphozyten, verschiedene Granulozyten). Analysiert man diese weißen Blutkörperchen im Einzelnen, nennt man die Untersuchung – großes Blutbild (Differential-Blutbild).
Ein Zuviel an weißen Blutkörperchen (Leukozytose) kann unterschiedliche Gründe haben (häufig: Infektion, vergleichsweise selten: Leukämie). Ein Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukopenie) kann Hinweis auf eine Virusinfektion sein oder auf eine unzulängliche Leistungsfähigkeit des Knochenmarks.
Übrigens: weiße Blutkörperchen sind weiß, weil ihnen der rote Blutfarbstoff Hämoglobin fehlt, der in den roten Blutkörperchen vorhanden ist und für den Sauerstofftransport sorgt.
Gerinnungskörperchen (Thrombozyten)
Die Gerinnungskörperchen sind zuständig für den zellulären Teil des Gerinnungssystems. Im Falle der Gefäßverletzung verkleben und verklumpen sie miteinander und können so „Löcher stopfen“. Ein Zuviel an Gerinnungskörperchen (Thrombozytose) kann spontan zur Verklumpung führen mit der Folge einer Thrombose. Ein Mangel an Thrombozyten (Thrombozytopenie) würde demzufolge eine höhere Blutungsgefahr bedeuten. Der menschliche Körper ist hier allerdings sehr anpassungsfähig und besitzt noch weitere Gerinnungssysteme, sodass selbst ein Absacken der Gerinnungskörperchen unter zehn Prozent des Normalwertes nicht unbedingt Folgen haben muss.
Fazit:
Die Analyse des Blutbildes ist eine quantitative Untersuchung, das heißt es geht fast ausschließlich um das Zählen von Zellen. Finden wir ein Zuviel oder Zuwenig sagt das noch nichts über den Grund, nicht einmal darüber, ob eine Krankheit vorliegt oder nicht. Denn jeder Normalwertbereich ist eine willkürlich festgelegte Größe, deren Über- oder Unterschreitung nicht gleichzusetzen ist mit einem krankhaften Befund. Es gibt Menschen die leben ihr ganzes Leben mit einer „zu hohen“ Zahl an weißen Blutkörperchen, ohne daran zu erkranken. Und es gibt Menschen, die verbringen ihr gesamtes Leben im „Eisenmangel“ ohne darunter zu leiden.
Laborwerte sind Laborwerte und ihre Abweichung vom Normalen in den allermeisten Fällen Symptom und nicht Krankheit (Ausnahme: Krankheit des blutbildenden Systems).