Ich hatte ja Dienst gestern. Soviel vorab.. es war wild. Aber wenigstens lerntechnisch ist alles optimal gelaufen…
nacheinander: als ich nach der Übergabe in die Ambulanz lief, um die ersten meiner insgesamt sicher 40 ambulanten Patienten anzusehen (jaja… davon mindestens 12 mit Thromboseausschluss… jetzt kann ich Crosse schallen, hurra) wurde es gleich spannend. Eigentlich wollte ich nur durch den Überwachungsraum laufen als Abkürzung, um schneller zu meinen Patienten zu kommen, da seh ich plötzlich aus einem astreinen Sinusrhythmus eine Nulllinie werden. Fand ich scheiße. Man muss dazu sagen, ich bin in den sechs (hüstel) Jahren meines Studiums immer um eine Reanimation herumgekommen, was ich eigentlich doof fand, denn ich hatte immer schon Angst vor dem Moment, in dem es Ernst wird und ich womöglich auch noch die Verantwortung habe. Naja. Schlecht. Also, zurück in den Überwachungsraum.
Der zur Nulllinie gehörende Patient hat auch tatsächlich die Augen nach oben verdreht, reagiert nicht auf Ansprache und hat keine Pulse. Doppelmist. Ich werde (möglicherweise) ein wenig kopflos und fange randomly an mit Thoraxkompressionen. Lehrreich: ich kann den von mir produzierten Auswurf (oh… hört sich komisch an, ihr wisst schon wie es gemeint ist) gleich am Monitor sehen, und nachdem dieser erstmal an Kammerflimmern glaubt schaffe ich es auch meine Drückfrequenz etwas zu beherrschen. Das Verwunderliche an der Sache ist dass der Patient nicht einfach durch das von meinen Handflächen diffundierende Adrenalin (meine Nebenniere läuft Amok) wieder die Augen aufschlägt. Nein, tut er nicht. Komisch und schade. Dafür eilen mittlerweile etliche Pflegekräfte und zufällig herumhängende Rettungsdienstler an den Ort des Geschehens. Am dankbarsten bin ich für den Kollegen aus der Inneren, der gerade zwei Jahre Herzklinik hinter sich gebracht hat und routiniert schnell intubiert und das Kommando übernimmt, während ich mit meiner eigenen Herz- und der Kompressionsfrequenz mehr als beschäftigt bin. Nach gefühlten Ewigkeiten, viel Suprarenin und etwas Amiodaron gibt es plötzlich, ebensoschnell wie er verschwunden war, wieder einen Sinusrhythmus. Vielleicht war er nur eben Zigaretten holen
Ich atme durch. Und auf. Der Patient wird vom mittlerweile ebenfalls eingetroffenen Rea-Team zur Intensivstation gekarrt. Ich möchte einen Konsilschein ausstellen und an meine Mama faxen, für “ein Mal in den Arm nehmen”. Geht aber nicht. Meine Tausende von wartenden Patienten haben einen gut gelaunten Dienstarzt verdient, der Ihnen schnell und kompetent hilft. Das probiere ich.
Nach gefühlten Ewigkeiten gibt es keine unbehandelten Patienten mehr mit einem kleinen CHIR auf dem Monitor, das bedeutet, ich kann die Ambulanz verlassen. Nichts wie weg! Ich beginne meine Stationsrunde, lege Viggos, nehme Blut ab und wundere mich nicht, als der nervigste Klingelton der Welt (oh mann, wie soll das die nächsten 40 Jahre werden???) mich wieder in die Ambulanz zurückschickt.
Eine Patientin mit einem kalten Bein. Argh. Schnell draufgeschaut, tatsächlich, keinerlei Durchblutung im linken Unterschenkel. Ich informiere schonmal meinen ersten Dienst (der gerade den OP verlassen hatte und sich stat auf den Weg zu mir macht) und gehe auf der Suche nach dem Dienstplan (wer hat gefäßchirurgischen Hintergrund??) kurz aus dem Untersuchungszimmer. Als ich wieder reinkomme… man ahnt es. Die Patientin hat die Augen verdreht, reagiert nicht auf Ansprache und hat keine Pulse. Gnah. Ich reisse die Tür auf, schreie nach der Pflege und fange an mit Thoraxkompressionen. Irgendjemand übernimmt für mich und drückt mir dafür einen Ambu-Beutel in die Hand. Kompetent und entspannt (naja, fast) bebeutele ich und rufe nach Supra, während wir einen Monitor anschließen. Dann kommt mein erster Dienst und hat den Tubus schneller in der Hand (und dann in der Pat. versenkt) als ich gucken kann. Puh. Plötzlich gibt es auch ein Echo unter Reanimationsbedingungen, ein Riesenthrombus im still und friedlich (Mistmistdoppelmist) daliegenden Herzen. Das Rea-Team kommt wieder und wird herzlich begrüßt; noch herzlicher begrüßt wird der (zum Glück suffiziente) irgendwann eintreffende Kammerersatzrhythmus. Die Patientin wird unter dem Verdacht auf Lungenembolie zwecks Lyse zur Intensivstation gefahren.
Ich schlage kurz meinem internistischen Kollegen vor, mich mit meiner gefühlten hypertensiven Entgleisung doch auch aufzunehmen, aber er lässt sich nicht darauf ein. Schade. Also trinken wir nur einen Kaffee und dann wandele ich wieder in Richtung peripherer Stationen. Puh.
Rea-mäßig bin ich jetzt wirklich entjungfert.
Sukzessive wird der Dienst entspannter, mein Erster und ich können uns sogar bei Pizzabrötchen und Cola light zusammensetzen und unsere ToDo- und Aufpasslisten abgleichen, und um zwei Uhr liege ich im Bett und schlafe wie ein Stein. Puh. Ich dachte ich würde von dem Geräusch träumen, das die Rippen gemacht haben, als sie unter meinen Kompressionen gebrochen sind, aber ich träume gar nicht. Um halb sechs ist der erste V.a. TVT wieder in der Ambulanz. Ich schlafwandle hin.
Wie ich mich auf mein eigenes Bett gefreut habe heute morgen!! Aus meinem “Ich leg mich nur kurz hin” ist ein 3,5 h-Mittagsschlaf geworden. Und jetzt geh ich wieder in mein Bett. Wie schön das ist.
Die Patienten übrigens: Die eine ist auf Intensiv wieder reanimationspflichtig geworden und gestorben. Und der andere, der vom Vormittag, liegt intubiert und beatmet da. Keine Ahnung was mit dem wird. Puh.
Das war ein langer Post. Ich musste darüber reden, offensichtlich.