Die TuKo ist ein geheimnisvoller Ort, den nur Geweihte betreten dürfen, und nur der, mit dem die Macht ist, kommt da lebend wieder raus… aber wer überlebt, erlangt innere Weisheit und wird nie wieder derselbe sein… Ja. Naja. So ähnlich. Für Schnelldenker: TuKo ist die Abkürzung für TumorKonferenz. Die gibt es einmal alle zwei Wochen, und sie ist interdisziplinär. Das bedeutet: Lauter Chefärzte, die prinzipiell natürlich unterschiedliche Therapieideen haben. Und… die Assistenzärzte, die das Los gezogen haben… die einen Patienten vorstellen müssen. Man kann auch sagen, die das Kaninchen vor dem Wolfsrudel sind. Die der Grashalm vor der Schafherde sind. Die… naja. Ave Caesar, Morituri te salutant. Man kommt da also hin, schweissnasse Hände umklammern die vorher auswendig gelernte Patientenakte, man starrt nur auf den Boden und nimmt trotzdem die Anwesenheit der anderen Todgeweihten Assistenten wahr… Angstschweiß liegt in der Luft. Man setzt sich in die letzte Reihe. Fünf Minuten nach Beginn (s.t.!!) trudeln sie ein, die Akteure dieses grausamen Spiels. Der Pathologe guckt ernst über seine Brille und eröffnet. Er wirft einen Patientennamen in den Raum. Der zuständige Assistent zittert einen Befund zusammen, versucht in ganzen Sätzen den Werdegang des Patienten zu beschreiben. Abschätziges Schweigen von Seiten der Chefriege. Dann fallen Sie übereinander her. „Herr Kollege, glauben Sie nicht auch, dass…?“ „Ja, aber in diesem speziellen Fall ist doch ganz deutlich…“ „leitliniengerecht wäre das Procedere folgendermaßen…“ „In Zusammenschau der Befunde…“ Platitüden-Pingpong, gemischt mit zwei, drei interklinischen Gemeinheiten. Als Assistent muss man aufpassen wie ein Luchs und auf Kommando (bzw. auf genuschelten Nebensatz) sofort die exakten Befunde parathaben, möchte man nicht von zwei Dutzend Chefaugen gegrillt werden (da sind sie sich dann plötzlich alle einig). Ja. So ist das in der TuKo. Dachte ich immer. Bis ich vorhin da hin musste… Papi hat noch Resturlaub, und der andere war im Zustand nach Dienst. (Ich brauche nen adäquaten Tarnnamen für „den Anderen“. So hört sich das irgendwie komisch an. Werd ich mal drüber nachdenken.) Auf jeden Fall… TuKo. War gar nicht so schlimm. Alle waren nett, die Diskussionen auf hohem Niveau, mein Chef hat mir weitergeholfen, als ich den einen Patienten nicht mehr ganz parat hatte, keiner war böse, und am Ende kriegt man ein Fax, auf dem steht, was mit dem Patienten dann jetzt passieren soll. Alles schön. Wieder was gelernt.
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Wahnsinnswoche 2020:32
In dieser Woche 158 Patientenkontakte und 16 Terminausfälle. Erst in 8-12 Wochen habe ich wieder freie Termine.
Perhaps the most striking and frightening aspect of the German flight from reality is the habit of treating facts as though they were mere opinions. (…) The average German honestly believes this free-for-all, this nihilistic relativity about facts, to be the essence of democracy. In fact, of course, it is a legacy of the Nazi regime.
Hannah Arendt: The Aftermath of Nazi Rule:Report from Germany. October 1950, Commentary Magazine. Kontext (deutsch).
“In Berlin haben Menschen für Ihr Recht demonstriert, von der Komplexität der Welt überfordert zu sein.” DMZ 6.8.2020
As a bleak flip side to citizen participation in the news-making process, the concept of “dark participation” is introduced here. As research has revealed, this type of user engagement seems to be growing parallel to the recent wave of populism in Western democracies. Thorsten Quandt: Dark Participation.
Media and Communication (ISSN: 2183–2439) 2018, Volume 6, Issue 4, Pages 36–48. DOI: 10.17645/mac.v6i4.1519 via Open Access Journal
Noch was zu Verschwörungsphantasien: “There are, indeed, “non-doxastic conspiracy theories”: theories that have many supporters who do not really believe in their truth or likelihood.”
Non-Doxastic Conspiracy Theories. Anna Ichino* and Juha Räikkä**. *Università degli Studi di Milano – La Statale. **University of Turku. (pdf)
Ich weiß nicht, ob sie das schon wussten:
Mit dem im November 2019 beschlossenen Digitale-Versorgung-Gesetz, das auch die Weitergabe von Gesundheitsdaten an die Forschung erzwang, hatten Krankenkassen das Recht erhalten, die – noch nicht einmal anonymisierten – Daten der Versicherten für eine marktorientierte Bedarfsanalyse auszuwerten.
Im Entwurf der neuen Fassung des § 68b Abs. 3 SGB V ist die dazu nötige Einwilligungserfordernis jetzt weg und das Widerspruchsrecht bezieht sich nur auf die “gezielte Information” sowie die “Unterbreitung von Angeboten”, nicht aber auf die Datenauswertung selbst. telepolis 3.8.2020
Der Bundesdatenschutzbeauftragte meint, der Preis für die Fortschritte bei der elektronischen Patientenakte sei der Verzicht auf grundlegende Datenschutzregelungen. netzpolitik 18.6.2020. Und auf Twitter.
Soulfood: Billy Nomates – No
Schlechter Service
„Hmhm“, sagte ich und dachte mir als Arbeitsdiagnose mal das Schlagwort „Erkältung“ aus.
alles eine frage der definition
ich: „trinkt er denn noch viel milch?“ mama: „nein, praktisch nicht.“ ich: „wieviel denn ungefähr?“ mama: „vielleicht ein halbes glas.“ ich: „… ok … und wie ist es mit schoppen?“ (schoppen = südlich der mainlinie bezeichnung für milchflaschen ) mama: „ja, so 250 milliliter.“ ich: „wie oft?“ mama: „morgens und abends.“ ich: „ah, ok.“ mama: […]