Nachdem Hajo umgezogen ist, fühlt er sich irgendwie ausgeglichen und ruhig. Trotz der regelmässigen, lauten Studentenpartys kann er besser schlafen als in seiner alten Wohnung. Und bessere Träume hat er auch. Und so schlendert er eines morgens pfeifend (ich mag keine pfeifenden Leute) in die Klinik. Hajo hört auf mit Pfeifen, kann er meine Gedanken lesen?
Der Tag verläuft planmässig. Es stehen einige interessante Operationen auf dem Programm, die Hajo prima meistert. Es wird langsam Abend und er hat heute Nachtdienst. Michelle, die Schwesternschülerin, übrigens auch. Toll. Aber irgendwie hat sie ihm in den letzten Wochen die kalte Schulter gezeigt. “Naja, schau mer mal”. Noch ein paar Kleinigkeiten in der Ambulanz genäht, dann fällt er endlich in sein gemütliches Dienstbett und wälzt sich hin und her. Mist, Michelle war vorhin so beschäftigt, keine Zeit zum Reden. “Piepserlipieps” geht sein Funk. Okay, Hajo steht wieder in der Ambulanz auf der Matte.
Oha, da wird gerade ein altbekannter, allseits beliebter Patient von den Sanitätern eingeliefert. Volltrunken auf die Strasse gelegt, wie fast jeden Monat, bis ihn schliesslich die Rotweissen einsammeln und in die Klinik fahren. Wäre ja nicht so schlimm, wenn er nicht ständig das Personal anpöbeln würde. So auch heute Nacht wieder. Wüste Beschimpfungen müssen sich alle anhören, obwohl noch gar nichts passiert ist. Es folgt die übliche Prozedur: Blutabnehmen, Infusion, da er scheinbar irgendwo Schmerzen hat.
Zack, er reisst sich den Schlauch aus der Vene, Blut tropft auf den Boden. Schnell eine Kompresse drauf gedrückt. Sämtliches Ambulanz-Personal seht parat, Michelle ist auch da. Der Volltrunkene macht sie an, packt sie plötzlich am Kittel. Alle stehen wie versteinert da, Michelle schaut Hajo hilfesuchend an.
Ihre Augen funkeln wie die Sterne am Firnament, ihnen zu folgen ist der Sinn, ihre Stimme verwirrt meine Sinne, die …. Der Saufkopf schlägt nun ohne Vorwarnung auf die hübsche Schwesternschülerin ein, ihr Gesicht ist elfengleich … , Schluss jetzt mit dem Unsinn !!! Schlagartig steigt Aggression in Hajo auf. “RAAAUUUUSSSSS !!!” brüllt er den Patienten an. Hajo der Stationsarzt ist eigentlich ein ruhiger junger Mann, doch wenn ihm (selten) einmal der Kragen platzt, ist alles zu spät.
Der Patient lässt von Michelle ab und ballt seine Fäuste. Hajo geht darauf ein. “Knock”, die erste Gerade trifft den Chirurgen auf das Jochbein. Blut spritzt weg. Kurze Benommenheit. Auf gehts in die erste Runde …
Mittlerweile hat sich eine Menschentraube um die zwei Kämpfenden gebildet. Ja, so ist es richtig, Mann gegen Mann. “Du fasst meine Freundin nicht mehr an” rutscht es Hajo heraus und verpasst ihm einen Leberhaken (mitten auf die Zirrhose). Das tut weh. Es ist ein offener Schlagabtausch, doch das Blatt wendet sich plötzlich …
(Fortsetzung folgt nächsten Dienstag)
Bild: boltron- auf flickr.com, unter einer Creative Commons-Lizenz
