Am Beispiel des Hamburg-Marathons
Als Autor dieses Blogs bin ich nicht nur seit vielen Jahren Hausarzt, sondern auch seit beinahe ebenso vielen Jahren passionierter Ausdauersportler und Marathoni. Viele Marathonrennen liegen hinter mir, das letzte in Hamburg 2005 ist vier Jahre her – wie die Zeit vergeht.
Gestern war wieder Hamburg-Marathon. Und hat’s gekribbelt?, frage ich mich abends. Die Antwort ist ein fast klares Nein!, obwohl alte Bekannte unterwegs waren und gar die eigene Ehefrau (mit Bravour unter vier Stunden). Irgendetwas stört mich neuerdings an diesen Großereignissen. Und heute am Tag danach wird mir klar, was es ist:
Im Zeitalter zunehmender Technisierung kann mal nicht mehr in Ruhe bei KM 35 einbrechen und mit dem Schweinehund kämpfen. Der ganze Kampf, der Tempoverlust, das Wieder-in-den-Hintern-treten, die Überwindung des Schmerzes, das heimliche Gehen, die Pause auf der Massageliege, alles ist dokumentiert. Im Internet wird schon am Tag nach dem Wettkampf, der gesamte Lauf haarklein aufgedröselt in Zahlen und Bildern.
Mögliche Kommentare klingen mir im Ohr, während ich selbst vor dem Monitor sitze und nach meinen Bekannten forsche:
Was hat Hans-Heinrich für eine Halbmarathonzeit? Oh, 1 Stunde 45 Minuten und dann ist er bei 3 Stunden 42 Minuten rein. Dann ist er aber ganz schön eingebrochen.
Und hast Du den Videoclip von Sabrina bei KM 40 gesehen, das kann man ja nicht mal wandern nennen. So kann ich auch Marathon laufen.
Und dann dieser Roland. Das ist ein Schnacker. Uns erzählt er, er will unter vier Stunden bleiben, und dann hat er bei KM 10 unter 50 Minuten drauf. Klar, am Ende ist er unter vier Stunden geblieben, aber mal ehrlich, der hatte doch ganz was anderes vor.
Sicher kann es ganz schön sein, Bilder, Filmchen und besonders die Zwischenzeiten von seinem Lauf zu haben, aber es hat auch Nachteile. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mich immer sehr gern an meine Marathonläufe im Wendland erinnere. Hundert Teilnehmer, ebensoviele Zuschauer, jeder Starter wird mit Handschlag begrüßt und Brutto- und Nettozeiten unterscheiden sich im Millisekundenbereich.
Trotzdem: Herzlichen Glückwunsch all denen, die es geschafft haben und heute ihre schmerzenden Muskeln pflegen. Bei dem Wetter war das keine einfache Sache. Hut ab.