Visite. Zwei Ärzte stehen vorm Krankenbett, über die Akte gebeugt und unterhalten sich halblaut.
Nuschelnuschelnuschel.
Der Patient bemüht sich, etwas zu verstehen.
“Hä?”
“Kurzen Moment noch!”
“Könnt Ihr mir vielleicht sagen, was mit mir los ist?”
“Gleich. Sofort.2
Und es wird weitergenuschelt.
Der Patient spitzt seine Ohren und kann ein paar Worte auffangen:
Von “Zeh-Zwo” ist da die Rede oder von “Zeh-Zwo-Abusus”, und dann von “alimentär bedingter Gastritis” und “äthyltoxischen Leberveränderungen”.
Manche Dinge sind halt kompliziert, denkt der Patient, die Ärzte haben ja schließlich studiert.
Der Patient weiß nicht, daß “Zeh-Zwo” die Kurzform für “ZehZwoHaFünfOhHah” ist, wohinter sich C2H5OH verbirgt, die chemische Formel für Alkohol.
Würde man dieses Wort aussprechen, dann wäre der Patient im Bilde.
Er weiß, daß er ein Problem damit hat. Er weiß, dass er zuviel trinkt und deswegen etwas tun muß.
Aber da redet man ja nicht drüber. Auch nicht im Krankenhaus.
Der eine der beiden Weißkittel blickt auf.
“…und bei der Aufnahme, da bestand erheblicher Foetor…”
“Foetor aethylicus ex Ore?” fragt der Andere.
Der Kollege nickt.
Foetor bedeutet “Gestank.”
Und “Foetor aethylicus ex Ore” bedeutet: Der Patient stank aus dem Hals nach Alk.
Aber so etwas sagt man ja nicht.
Dazu ist man zu höflich.
Die beiden Ärzte grinsen den Patienten an.
“So, Herr Maier, wie gehts uns denn heute?”