Chirurgie macht Spaß!

Ja, wir können auch anders! Letztes Jahr schrieb uns ein Leser – ein angehender Chirurg und jahrelanger Via medici-Leser – auf einen Beitrag des Kleinen PJlers, bedauerlicherweise würden wir (Via medici und Via medici online) die kritische Sichtweise des ärztlichen Nachwuchses auf die Chirurgie ungefiltert veröffentlichen und nicht mehr auf Objektivität achten. Melanie hat in ihrer Antwort unsere Sichtweise dargestellt und einige Leser haben sich zu dieser Diskussion auch geäußert: “Alptraum Chirurgie?” Jetzt haben wir ein Interview mit der ersten chirurgischen Chefärztin der Region Stuttgart veröffentlicht, das zeigt: Ja, es ist ein Beruf, der einiges abverlangt und auch Entbehrungen mit sich bringt. Doch der Einsatz lohnt sich – auch für Frauen, wenngleich sie es in dieser Branche noch etwas schwerer haben:  Interview mit Dr. Barbara Kraft lesen


Gut finde ich den Hinweis, erst das Gespräch mit dem/der Vorgesetzten zu suchen, wenn es in der Weiterbildung stockt oder die Stimmung immer schlechter wird und dann sich eine neue Stelle suchen, wenn sich nichts ändert. Denn Stellen gibt es heute so viele, dass sich die Weiterbildungsassistenten in einer komfortableren Position als früher befinden.

Wichtig ist in einem solchen Gespräch, gemeinsame Ziele zu finden. Eine frühere Lokalredakteurin rief mich neulich an und erzählte ganz glücklich von einer Begebenheit: Sie hatte sich im letzten Jahr an ihrem Arbeitsplatz in der Schweiz kurz vor Ende der Facharztausbildung immer unglücklicher gefühlt. Nichts ging mehr vorwärts, die Arbeit machte ihr keinen Spaß mehr und sie spielte mit dem Gedanken, zu kündigen. Eines Tages ergab sich eher zufällig ein Gespräch mit ihrer Chefin, in dessen Verlauf der ganze Frust zur Sprache kam. Und oh Wunder, die Chefin war nicht genervt, sondern gab ihrer Mitarbeiterin ein positives Feedback, sagte, dass sie mit ihrer Arbeit sehr zufrieden sei. Gemeinsam besprachen sie, was XX noch lernen sollte und könnte im nächsten halben Jahr und worauf sie sich konzentrieren solle. Und am Ende stellte sie ihr eine Oberärztinnenstelle in Aussicht, sobald die Facharztprüfung bestanden sei. Und die Motivation war schlagartig zurück!

Wen wundert das? Mich nicht. Ich weiß nur, dass solche Gespräche eher selten stattfinden. Oder kann jemand etwas anderes berichten? Ich rede nicht von reinen Zielvereinbarungsgesprächen, sondern menschlichen Rückmeldungen. Ich habe sehr viel Kontakt mit Weiterbildungsassistenten und höre nicht so viel Positives in dieser Richtung. Schade!

Der chirurgische Chef, bei dem ich fast eine Stelle hätte haben können (http://www.thieme.de/viamedici/blog/?p=585) hat es mit seinen Assistenten und Assistentinnen so gemacht: beim Betriebsausflug einmal im Jahr (damals, als ich dabei war, auf einem Boot) zitierte er jeden seiner Mitarbeiter zu sich. Dann wurde geredet, alle Misstimmungen und Erwartungen offen besprochen und geklärt und danach wurde gemeinsam gefeiert. Das muss vielleicht nicht unbedingt auf dem Betriebsausflug passieren, denke ich; sonst geht man nur mit Bauchgrimmen hin :-( aber bitte – wenn nur dann Zeit dafür ist … tausendmal besser als gar nichts! Die Assistenten fanden das gut.

Gruß und schönes Wochenende!

Uli

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