Adrenalin für Fortgeschrittene

Huiuiui, ich sags euch!

Gestern Nacht hab ich richtig gestaunt im Dienst! Wir saßen gerade entspannt herum und aßen unsere wohlverdiente Abendpizza, da rief die Ambulanz meinen Erstdienstkollegen an. Eigentlich schon Anzeichen eins, denn normalerweise ist der Zweitdienst (also meine Wenigkeit) primär für die Rettungsstelle zuständig. Anzeichen zwei für etwas stimmt nicht: mein Kollege, der sonst die Ruhe selbst ist, wird zuhörend graduell blasser um die Nase, murmelt ein knappes “ich komme”, legt sein angebissenes Pizzastück zurück in den Karton (Anzeichen drei), springt auf und läuft Richtung Ambulanz. Ich schaue verwirrt hinterher, er ruft mir noch ein “iss ruhig auf ich meld mich wenn was ist” zu und weg ist er. Naja. Neugierig bin ich schon, aber Befehl ist Befehl und Pizza ist Pizza und die schlinge ich also noch schnell runter bevor ich mich aufmache und meinem Ersten Richtung Rettungsstelle hinterhertrotte.

Auf dem Weg kommt mir plötzlich aus dem CT ein Tross entgegen bestehend aus 1. dem diensthabenden Internisten, der Erykonzentrate ausquetscht; 2. dem diensthabenden Unfallchirurgen, der ein Bett in Richtung OP schiebt auf dem 3. mein Erster kniet und  4. einen Patienten reanimiert, der furchtbar blass um die Nase ist und ziemlich jung und in den die EK´s sowie eine Gela reinlaufen, welche von 5. einer Rettungsstellen-Krankenschwester getragen wird.

Ich schließe mich natürlich zwanglos auf dem Weg zum OP an und werde von meinem keuchenden Kollegen informiert: Junger Mann, Marfan-Syndrom, stellt sich mit plötzlich aufgetretenen Rückenschmerzen ortho-/unfallmäßig vor. Grundsätzlich kann man ja schon mal die Augen verdrehen bei diesen nächtlichen Rückenschmerz-Patienten (naja, es war halb 11 oder so), aber der Unfaller schaltet beim Stichwort Marfan und bittet den Internistischen Kollegen um ein Sono. Das zeigt ein BAA und fraglich freie Flüssigkeit. Dingdingding, hundert Punkte für den Unfaller-Dienst! An dieser Stelle wird mein Erster angerufen, der auf dem Weg zur Rettungsstelle schon mal ein paar Nullnegativ-Konserven anfordert, sich dann jedoch bei stabilem Kreislauf des Patienten doch zu einem CT entscheidet. Auf der CT-Liege jedoch sagt Manny Marfan einmal Aua, wird tachykard und hypoton und dann verdreht er die Augen. Mist.

Wir sind mittlerweile reanimierenderweise im OP angekommen, die Anästhesistin hat den Tubus schon im Anschlag, der diensthabende Oberarzt wohnt zum Glück nur ein paar Meter die Straße runter und steht parat.

Sobald die Aortenklemme sitzt, hat Mr. Marfan gleich wieder einen Puls und Blutdruck. Puh. Und dann operieren wir eine gemütliche Y-Prothese bis zwei Uhr morgens. Ging alles gut, soweit. Als ich heute morgen heimging, waren die Intensivler gerade dabei, ihn aufwachen zu lassen. Bin gespannt.

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