Freie Arztwahl schön und gut – aber dies ist in der Praxis nach wie vor nicht für alle Patienten realisiert, denn gut zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland lebt mit einer amtlich anerkannten Behinderung. Da kommen bei der Arztwahl statt Sympathie, Vertrauen und dem besonderen Therapieangebot eines Arztes noch ganz andere Faktoren zum Tragen: Ist die Praxis mit dem Rollstuhl zu erreichen? Kann ich als Hörbehinderter einen Termin vereinbaren oder geht dies nur telefonisch? Wie finde ich überhaupt barrierefreie Arztpraxen in meiner Nähe?
Die Kennzeichnung von Praxen ist gerade in Sachen Barrierefreiheit vielerorts noch unzureichend – nicht nur im ländlichen Bereich. Immerhin: Beispielsweise in Nordrhein-Westfalen gilt die Verpflichtung zur Barrierefreiheit seit 2004 für alle Neupraxen bzw. für Praxen, die einen genehmigungspflichtigen Aus- oder Umbau vornehmen.
Aber was heißt „barrierefreie Arztpraxis” eigentlich genau? Die Liste der durchführbaren und teilweise notwendigen Maßnahmen ist vielschichtig: Behindertenparkplätze, eine Türbreite von mindestens 90 cm sowie ausreichender Bewegungsspielraum usw. So muss beispielsweise in einer barrierefreien Zahnarztpraxis der Patient mit seinem Rollstuhl oder Rollator direkt an den Behandlungsstuhl heranfahren können und eine hinreichende Manövrierfläche zur Verfügung haben. Dies sind nur einige Kriterien.
Zudem bestehen oft Unklarheiten, was zu einer barrierefreien Praxis gehört. So kommt es in der Adressredaktion der Arzt-Auskunft durchaus zu Rückmeldungen wie: „Die Praxis ist rollstuhlgerecht – die Praxismitarbeiter helfen Betroffenen gern in die erste Etage”. Hier bedarf es noch mehr Bewusstheit für die Problematik: Was nützt ein Aufzug, in den kein Rollstuhl passt (mindestens 110 x 140 cm Grundfläche)? Oder wenn dessen Bedienungstasten nicht vom Rollstuhl aus erreichbar sind? Oder die Zahlen für Sehbehinderte nicht zu erkennen sind?
Sicherlich bedeuten einige Richtlinien größere Baumaßnahmen, die nicht in jeder Praxis umzusetzen und daher nicht mal eben zu finanzieren sind, wie beispielsweise eine Bewegungsfläche von mindestens 95 cm rechts und links neben der WC-Schüssel zu gewährleisten, wenn die Raumgröße dies einfach nicht zulässt. Doch manche Maßnahmen lassen sich auch mit geringem Aufwand realisieren und erleichtern Menschen mit Behinderung den Weg in die Arztpraxis:
– Klingeln und Sprechanlagen in einer Höhe anbringen, die auch vom Rollstuhl aus erreichbar ist
– Anbringung von Schildern in Augenhöhe und in gut lesbarer Schriftgröße
– (teilweise) abgesenkter Empfangstresen
– Terminvergabe auch per SMS, Fax oder E-Mail
– Bodenleitsystem, welches Blinden die Orientierung erleichtert
– bei Treppen: deutliche Markierung der ersten und letzten Stufe
– Handläufe an beiden Seiten der Treppe
Und bei der Suche nach den richtigen Praxen hilft die Arzt-Auskunft: ob rollstuhlgerecht, ebenerdig oder mit Fahrstuhl…