…und dem Patienten geht es auch zunehmend besser. Wir erinnern uns: Eine Blinddarm-OP wurde erfolgreich überstanden und der junge Patient bereits auf die Normalstation im dänischen Nykoping verlegt. Kaum ist er auf der Station, geht es auch schon wieder Richtung Sommerlager zurück. Das stellt sicher auch wieder einen krassen Unterschied zum deutschen Gesundheitssystem dar, wo ein Patient nach einer Blinddarmentfernung vermutlich keine 20 Stunden nach der OP “gesund” entlassen wird. Dass es dem Patienten trotz allem noch nicht bombig geht – was ja auch nicht weiter verwunderlich ist -, nimmt man in Kauf. Aber wenn man ehrlich ist: Was die können, können wir auch! Patienten überwachen und regelmäßig alles mögliche überprüfen; auch die Ruhe wird nicht zu kurz kommen, da wir in unserem “Ferienparadies” den Sani-Raum auch mit Schlafmöglichkeit ausgestattet haben.
Bereits am selben Tag wird vom ADAC (den gelben Engeln, genau) ein Rückholdiensttransport organisiert. Dieser soll am nächsten Tag morgens aus dem verhältnismäßig nahegelegenen Flensburg kommen und den frisch operierten nach Hause zurückbringen. Und die eine Nacht überstehen wir erst recht! Also ging es von da an nach einem regelmäßigen Rhythmus: Alle halbe bis dreiviertel Stunde werden die Vitalparameter erhoben (Puls, Blutdruck, Temperatur)..und siehe da, die Werte sind doch auch zufriedenstellend. Geht doch!
Über die Nacht bleibt einer von uns im Raum und kontrolliert in etwas größeren Abständen weiter die Vitalparameter, auch wird die Wunde einmal nach Entzündungszeichen kontrolliert. Ohne besorgniserregenden Befund! Nach der Nacht geht es bereits am frühen Morgen mit einem Rückholdienst-KTW der Firma Promedica aus Flensburg nach Hause – übrigens eine schöne E-Klasse, die den Weg innerhalb von knapp 6 Stunden zurücklegt!
Derweil geht das Programm weiter. Sehr abwechslungsreich, wie auch im Jahr vorher, gerade auch deshalb, weil das Wetter größtenteils mitspielt. So wird das Programm häufiger als erwartet umgestellt und aus zwei Strand-Tagen werden auf einmal vier! Auch die Zahl der vielfältigen Sportturniere erhöht sich. Ob das wohl ein gutes Omen ist, nachdem letztes Jahr bei jedem Turnier mind. eine Person ins Krankenhaus musste? Aber dazu später, schließlich geht es ja chronologisch weiter.
In den folgenden Tagen gab es grundsätzlich viel zu tun, aber nicht zu viel. Und was das wichtigste ist: Keiner der Patienten musste ins Krankenhaus, was sicherlich gut war…denn wer will schon zu häufig die knapp 60km zum Krankenhaus auf der nächsten Insel fahren? Da gibt es ein ganz einfaches Mittel gegen: Sollen eben andere für uns fahren! Und wer kann besser dieser Andere sein als die dänische Rettung?
Es geschah – wie konnte es auch anders sein – bei einem der vielfältigen Turniere. Hallenfussball stand auf dem Plan, was aufgrund der schönen Sporthalle immer viele Spieler lockt. Aus der Erfahrung der letzten Jahre war auch hier ein Sani mit Kühlpacks und einem Rucksack vor Ort, um bei kleineren und größeren Verletzungen die ersten Schritte ergreifen zu können und ggf. Verstärkung zu ordern. Das wurde nach einem Zusammentreffen von zwei Schienbeinen aufeinander auch nötig: Beim Zusammenprall hörte dieser bereits ein Knirschen und Augenblicke später lagen zwei Spieler am Boden, die sich vor Schmerzen wälzten. Was war passiert? Der Torwart wollte einen zu weit vorgelegten Ball wegschießen, ein anderer Spieler versuchte noch, ein Tor zu schießen. Schienbein gegen Schienbein, einer hat verloren. Und jetzt liegen beide am Boden.
Umgehend erfolgt eine Alarmierung der restlichen Sanitäter, die mit weiterem Material anrücken. Bis zum Eintreffen der weiteren Sanis beginnt der sich vor Ort befindende Schulsani bereits mit der vorsichtigen Kühlung der Schienbeine und beginnt mit der Versorgung des scheinbar schwerer verletzten Patienten, der sich sein Schienbein hält. Dies ist allerdings nicht der Patient mit der schwereren Verletzung, wie sich später rausstellt.
Nach einer ersten Sichtung durch den eintreffenden Rettungsassistenten wird schnell die Diagnose bei einem der Spieler gestellt: Schienbeinfraktur mit deutlich sichtbarer Fehlstellung! Beim anderen Patienten ist äußerlich außer einem Hämotom nichts erkennbar, sodass ein Sani sich weiter um diesen Schüler kümmert und der Rest der Sanis sich dem anderen Patienten widmet. Dieser gibt stärkste Schmerzen im Bein an und hat sich bereits in eine (äußerlich ungemütliche) Schonhaltung gebracht. Frühzeitig wird ein Notruf abgesetzt, worauf weitere Maßnahmen folgen. Aufgrund einer sich ausbildenden Schocksymptomatik wird durch den Rettungsassistenten ein Zugang am Handrücken gelegt und eine Ionosteril-Infusionslösung angeschlossen. Zudem wird der Schüler mit Sauerstoff versorgt. Von einer Schienung des Unterschenkels wird aufgrund der starken Schmerzen abgesehen, es werden deshalb nur Kühlakkus locker vor die vermeintliche Frakturstelle gelegt.
Jetzt heißt es warten. 10 Minuten vergehen, 20 Minuten vergehen…der Zustand des Patienten verbessert sich langsam, die Schmerzen werden allerdings keineswegs geringer…nach dreißig Minuten Wartezeit wird dem Patienten ein leichtes Schmerzmittel verabreicht, was bereits 5 Minuten später deutliche Wirkung zeigt. Nach immerhin 38 Minuten trifft ein Rettungswagen ein! Top, immerhin schneller als vor einigen Jahren, wo dasselbe Prozedere noch 5 Minuten länger gedauert hat.
Die Rettungskräfte scheinen die Kompetenz in Person zu sein: Kurzes Gespräch mit dem Patienten, dann gehen beide wieder zum RTW um in aller Seelenruhe die (deutlich veraltete) Trage und einen Schienensatz zu holen. Einen Notfallkoffer oder ähnliches haben wir übrigens noch nicht mal gesehen. Aber nun zu dem Schienensatz: Nach deutschen Standard erwarten wir hier Vakuumschienen oder wenigstens eine Vakuummatraze, aber nein…in Dänemark setzt man scheinbar auf die Luftkammerschienen, die in Deutschland eig. nur noch im Katastrophenschutz eingesetzt werden. Die Anlage ist ziemlich schmerzhaft und man kann sich kam ein Lächeln verkneifen, als der Fahrer anfängt, die Schiene aufzupusten. Wenigstens bringt die Schiene etwas, sodass der Patient nach der Anlage über etwas geringere Schmerzen klagt. Die darauffolgende Umlagerung auf die Trage erfolgt mit 6 Personen, da frage ich mich manchmal, wie das mit den 2 Profis allein funktioniert hätte.
Danach geht es wenigstens schnell, ab in den RTW und mit einer Begleitperson ins Krankenhaus. Einzige weitere Maßnahme des Transportführers: Einmal Blutdruck messen. So gehört sich das (nicht).
Weiter geht’s im nächsten Blogeintrag, der die Tage folgen wird!