“Hilfe, ich habe eine Zecke!”

Ein wunderschöner milder Sommerabend.
Medizynicus hat das Fenster sperrangelweit geöffnet, schaut seufzend hinaus über das Bad Dingenskirchener Häusermeer und lässt seinen Blick dann über den beachtlichen Stapel Krankenakten auf seinem Schreibtisch wandern.
Ein bislangruhiger Dienst-Abend, wie geschaffen um endlich mal all die Briefe zu diktieren. Medizynicus seufzt nochmal und nimmt dann schweren Herzens das Diktiergerät zur Hand. Halt, erstmal noch rüber ins Schwesternzimmer, vielleicht gibts frischen Kaffee.
Gibts! Und sogar Kuchen dazu, von der Schülerin, die heute ihren letzten Tag hatte. Ob die Mädels sich damit eine gute Beurteilung erkaufen wollen? Egal. Die hier hätte eine Eins verdient. Medizynicus kaut gerade mit vollen Backen, als der Piepser geht. Die Ambulanz.
“Wir hätten einen Notfall für Sie, Herr Doktor!”
Schwestern, die mich siezen und mit Herr Doktor anreden, sind mir schonmal aus Prinzip unsympathisch. “Was denn?”
“Zeckenbiss!”
Das Herz rutscht mir in die Hose. Auf der Stelle würde ich jetzt gerne alle Gesundheitsredakteure von Bildzeitung und “Goldenem Blatt” in einen Raum sperren und…. nee, das sag ich lieber nicht. “Und?”
“Die Zecke ist noch drin.”
“Dann mach sie doch raus.”
Zögern am anderen Ende.
“Ähem…. das darf ich nicht”
“W arum nicht?”
“Weil es ärztliche Aufgabe ist!”
Wie bitte?
Jede Mama sollte in der Lage sein, bei ihren Sprösslingen eine Zeck-Ektomie durchzuführen, sowas gehört zur Allgemeinbildung.
Und nein, man muss nicht bei jedem Zeckenbiss sofort in die Notaufnahme, und schon gar nicht sollte man den Notarzt rausklingeln.
Wenn man sich wirklich Sorgen macht, dann reicht es auch, am nächsten Morgen zum Hausarzt zu gehen.

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