Puh… Keine Zeit… Muss trinken… Kann nicht trinken, muss schreiben… Wie spät ist es? Welcher Tag ist heute? Uahhhh…
Aber mal im Ernst, bei nem Normalblutdruck von um die 104 zu 62, kann die Empfehlung nach mehr Koffein (Kaffee) wenig Kollateralschäden anrichten.
“Laut einer (…) Untersuchung senken drei bis fünf Tassen Kaffee pro Tag im mittleren Lebensalter […]
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Horizont.net das “Portal für Marketing, Werbung und Medien” zeigt, wie die Branche tickt und wer den Takt angibt: Männlich, jünger fühlend als es das Alter und die Wehwechen einem weismachen wollen.
Beim Leserpreis “Kreation des Monats” konnte sich Lilly mit dem TV-Spot “Helden der Liebe” klar gegen grosse Marken wie Reebok, Dove und Nike durchsetzen. Der Spot ist eine Disease Awareness Kampagne zum Thema Erektionsprobleme und soll indirekt die Lilly-Potenzpille Cialis® pushen.
Frage (Update 18)
Bin ich der einzige, der die gestrige ARD-Dokumentation über die von der bösen Pharmaindustrie seit 20 Jahren verhinderte rosafarbene Vitamin-B12-Salbe namens “Regividerm”, die Neurodermitis zu “heilen” in der Lage ist, spontan für einen aberwitzigen PR-Stunt erster Güte hält?
Hier der Link zur Sendung.
Die Süddeutsche Zeitung glaubt die Geschichte.
Fefe, unumstrittener Experte für Verschwörungen jeglicher Art, glaubt sie auch.
Die Home-Page des Herstellers: www.regividerm.de
Wir haben uns deshalb gegen alle Widerstände entschlossen, Regividerm® Salbe selbst zu produzieren und hoffen, damit schon bald den Betroffenen der großen Zivilisationskrankheiten Neurodermitis und Psoriasis (Schuppenflechte) wirksam und nebenwirkungsarm helfen zu können!
Update: Mehr über die Hintergründe gibt es in einem gut 5 Jahre alten Artikel der Boocompany.
Update 2: Vielleicht fehlt ja dem Autor auch ein wenig Abstand zu seiner Geschichte:
Update 3: Martens’ Rezeptbuch zur Doku erreicht Platz 5 der Amazon-Bestsellerliste.
Update 4, 14:30: Platz 3. Herta Müller ist gepackt. Da geht noch was.
Update 5, 17:45: Wer das Rezeptbuch noch nicht bestellt hat, kann sich auch gleich die fertig zusammengerührte Wundersalbe holen. Das ging ja dann doch erstaunlich fix, wenn man das resignierte Gejammer im Film noch vor Augen hat.
Update 6. 18:05: Die Süddeutsche Zeitung bringt einen weiteren Artikel und hat noch nicht Lunte gerochen:
So lange wird er jedenfalls nicht mehr auf Regividerm warten müssen, dem Mann kann geholfen werden. Siehe Update 5.
Update 7: Ich habe ja schon so manche Markteinführung von fragwürdigen Medikamenten und Medizinprodukten verfolgt. Aber diese Geschichte hier hätte man nicht besser inszenieren können. Allein das Timing ist schon ein Meisterstück.
Update 8: Meine absolute Lieblingsstelle im Film ist übrigens ein Zitat von Professor Peter Altmeyer, einem der verantwortlichen Wissenschaftler der beiden bislang bekanntgewordenen Regividerm-Studien (bei ca. 11:25):
Update 9: Hier hat sich jemand die beiden rosabedingt unverblindeten Studien genauer angesehen und ist nicht überzeugt.
Update 10: Die Süddeutsche Zeitung freut sich jetzt in ihrem dritten ahnungslosen Artikel mit uns, dass Regividerm überraschenderweise doch nicht erst in 14 Jahren zu haben sein wird.
TV wirkt.
Update 11: In einem hektisch nachgeschobenen vierten Artikel beginnt die Süddeutsche Zeitung jetzt, mit kräftigen Schlägen zurückzurudern. Aber sie glauben immer noch, dass die Studien verblindet gewesen seien:
Nein. Denn wir wissen ja:
[Edit: In der zweiten Studie ging es dann doch, obwohl “das rosa ist”. Der unglaubliche Trick: Die Placebosalbe war auch rosa!]
Und:
Hätte mich ehrlich gesagt auch überrascht.
Update 12: 21.10., 21:00 Jetzt übernimmt Spiegel Online die PR-Arbeit für die Wundersalbe.
Update 13: Martens bekommt bei Frank Plasberg mit einem seltsam deplaziert wirkenden Auftritt noch einmal eine Plattform für seine Wundersalbenmär, eiert aber gewaltig herum und kommt in der Diskussion mit den anderen Gästen schwer unter die Räder (gegen Ende der Sendung). Auch Markus Grill, nicht im Verdacht, ein Pharmalobbyist zu sein, zeigt sich überaus skeptisch. Er weist auf einen weiteren fundamentalen Denkfehler in der Geschichte hin: Der Preis der Zutaten bestimmt in diesem Markt bekanntermaßen nicht den Preis des Medikaments. Ganz im Gegenteil könnte ein Pharmaunternehmen, das die Patentrechte besitzt, nahezu jeden beliebigen Preis für die Salbe verlangen, wenn sie denn nur besser wirken würde als Vergleichspräparate (wofür es in den beiden vorliegenden Studien keinerlei Anhaltspunkte gibt). Eine zentrale Säule von Martens’ Verschwörungstheorie ist es ja, dass der “günstige” Preis der Salbe quasi vom Erfinder oder durch den geringen Preis der Zutaten vorgegeben sei, und dadurch im Falle einer Vermarktung der Salbe durch Big Pharma der bisherige große Reibach mit teuren (und schlechten) Präparaten ein Ende gehabt hätte.
Update 14: Jetzt ist die Story in den Nachrichten der ARD-Radiosender angekommen. Als Quelle für die Geschichte dient Spiegel Online. Märchen-Ping-Pong.
Update 15: Im Ökotest-Forum, in dem die Geschichte fachkundig kommentiert wird, ist ein weiterer eklatanter Widerspruch aufgefallen:
Er wurde gestern von Plasberg gefragt, was denn Klingelhöller von dem Spinner in der Garage unterscheide.
Martens (sinngemäß): er hat erst klinisch geprüft und dann versucht, zu vermarkten.
Ja klar. Augenrollen
Für das angebliche “Jahr Recherche” ist das aber sehr mager. Er widerspricht damit sogar seinem eigenen Bericht. Aus dem Bericht geht klar hervor, dass die Mini-Studien erst nach 2000 angeleiert wurden.
Das Patent läuft dagegen auf 1994 und er hat das nach dem Bericht nach schon 1994 mehreren Firmen angeboten. hat Martens seinen eigene Film nicht gesehen?
Update 16: Ein Leser weist uns in den Kommentaren darauf hin, dass zur rechtzeitigen Erteilung der PZN (Pharmazentralnummer) für Regividerm eine Anmeldung spätestens am 25.9. notwendig war (links auf “Redaktionskalender” klicken). Dieser Termin liegt vor der ersten uns bekannten öffentlichen Erwähnung der Martens-Doku in einer KNA-Pressemeldung von 29.9. Ist noch irgendeine Aussage der Protagonisten übrig, die sich noch nicht als falsch entpuppt hat? (Siehe dazu auch
diesen Kommentarthread. )
Update 17: Regividerm: Wenn die Ethikkommission Urlaub hat…
Update 18: Wir begrüßen fast drei Tage nach der Sendung die Deutsche Apotheker Zeitung als das erste “Mainstream-Medium”, das den Verstand wenigstens nicht komplett an der Garderobe abgegeben hat.
Bundeswehr wünscht gedopte Supersoldaten
Neuro-Enhancement ist schwer in Mode. Darunter versteht man hauptsächlich medikamentöse Massnahmen, die kognitive Fähigkeiten oder psychische Befindlichkeiten von als gesund geltenden Menschen verbessern. Neuro-Enhancement hört sich auch besser an als “Arzneimittelmissbrauch”, denn die dafür verwendten Präparate sind eigentlich für Demenzerkrankungen, Depressionen, Aufmerksamkeitsstörungen oder Narkolepsie entwickelt worden.
Während Doping mit dem Ziel, Muskelberge zu bekommen oder die Ausdauer zu verbessern, gesellschaftlich geächtet ist, werden Meldungen über das Gehirndoping von einer interessierten Öffentlichkeit erwartungsfroh aufgenommen. Selbst die DAK informiert im Internet über Wirkungen und Nebenwirkungen.
Dopingbetrug ist eine besondere Form des Medikamentenmissbrauchs, da es vereinbarte Regeln des Fair Play beim Sport missachtet. Was ist, wenn Medikamentenmissbrauch ausserhalb des Wettkampfes einem persönlichen, gesellschaftlich erwünschtem Ziel dient? Im Mai 2009 hatte Prof. Klaus Müller, langjähriger Leiter des Instituts für Dopinganalytik in Kreischa, auf einer Anhörung des Bundestagssportausschusses gesagt, er wisse von dopenden Soldaten, Polizisten und auch Sportstudenten, die körperlich fit sein müssten und dabei auf der Suche nach der Lücke zum “gesunden Medikamentenmissbrauch” seien.
Dieser gesunde Medikamentenmissbrauch ist bei bunten Pillen zur Erhöhung der Aufmerksamkeit, Lernfähigkeit oder Merkfähigkeit nicht nur individuelles Ziel, sondern beschäftigt selbst staatliche Stellen wie die Bundeswehr. Im Dezernat Zukunftsanalysen im Zentrum für Transformation der Bundeswehr macht sich die zuständige Dezernentin Gedanken über die Möglichkeiten, die Leistung des “System Soldat” zu steigern, und veröffentlicht das Ergebnis in einem Artikel in der September-Ausgabe des Behördenspiegels, einer Monatszeitung, die sich an den öffentlichen Dienst und Lobbyisten wendet.
Schon in der Darstellung der möglichen Wirkstoffe wie Modafinil, Donepezil oder Galantamid in der Übersicht stellt die Autorin, Dr. Annika Vergin, klar, dass Medikamentenmissbrauch keine Dimension für die Bundeswehr ist. Neben der Spalte “Krankheit”, mit der Indikation des Arzneimittels, wird die eigentliche “Anwendung” beschrieben. So wird Prozac®, das für Therapie gegen Depressionen zugelassen ist, seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt: “Stimmungsaufheller”.
Im weiteren werden die Einsatzmöglichkeiten im Militär und die Erkenntnisse aus Studien aufgezeigt. Es geht auch ohne Medikamente, so die Erwartung der Autorin. Durch transkranielle Magnetstimulation (TMS) könnten Teile des Gehirns abgeschaltet werden. Zwei Studien hätten gezeigt, dass eine kurzfristige Leistungssteigerung bei übermüdeten Personen möglich wäre. Der erste Schritt zur Entwicklung eines “Anti-Müdigkeits-Helms” für Piloten wäre bereits getan. Hier driftet die Mitarbeiterin des Dezernat “Zukunftsanalysen” sehr in die Science Fiction ab. Mittelfristig wird an den Produkten der Pharmaindustrie kein Weg vorbei führen.
Die Wertung der Autorin fällt positiv aus. Sie sieht sogar die Pflicht des Staates, die Soldaten mit dem Doping-Arsenal von Big Pharma auszurüsten.
Die Entwicklung von Methoden oder Substanzen, die Soldaten ermöglichen, bis zu sieben Tage ohne Schlaf kampf- und einsatzfähig zu bleiben – ohne bleibende Schäden – ist ein Teil eines Programms der US Militärforschungsbehörde DARPA namens Enhancing Human Performance in Combat. Es wird in dem Artikel bedauert, dass die Bundeswehr keine eigenen Forschungsprogramme unterhalte, die sich mit “Neuro-Enhancern” befassen, obwohl der Wehrmedizinische Beirat 2007 die Festlegung medizinischer und ethischer Bedigungen für einen Einsatz solcher Mittel für erforderlich gehalten hätte.
Eine Frage der Zeit, bis Pharmafirmen auf der Berliner Sicherheitskonferenz ihren Platz bei den Ausstellern finden. Dieses jährliche Treffen führender Militärs wird vom Behörden Spiegel organisiert.