So so: “Dr. med. Dünnbrettbohrer”.

Fast hämisch zitiert Süddeutsche online die Biochemikerin und Vorsitzende der wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrates Ulrike Beisiegel folgendermaßen: “Die Promotion in der Medizin ist das, was in anderen Fächern eine Master- oder Diplomarbeit ist – nicht mehr.”

http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/161/479649/text/print.html

Schon zu meinen Studienzeiten, also vor 15 Jahren, galt der Dr. med. als Möchtegern-Titel. Dr. jur., Dr. rer. nat: Das sind wertvolle Titel, den Dr. med. – der Überzeugung waren selbst viele Mediziner – schafft doch jeder.

Schafft ihn jeder? Ist die medizinische Doktorarbeit ein halbjähriges Rumhängen, Geldverschwendung und an sich vollkommen wertlos?

Ich denke nicht. Ich denke auch nicht, dass es Mediziner disqualifiziert, dass sie oft schon während des Studiums promovieren.
Ist es nicht vielmehr bewundernswert, wenn Medizinstudenten in der extrem knapp bemessenen Freizeit, die das verschulte und anspruchsvolle Medizinstudium lässt, es noch schafft, wissenschaftlich zu arbeiten? Alleine das Literaturstudium, die Statistik und das Schreiben der Doktorarbeit ist ein Kraftakt und kostet Mediziner viel Zeit und Hirnschmalz.

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Ich habe selbst im Studium eine Laborarbeit begonnen, musste aber schließlich einsehen, dass ich es nicht schaffen konnte – Studieren, auf insgesamt vier Examina lernen, Geld verdienen; irgendwann musste ich auch noch schlafen. Ich hatte damals aus diesen und anderen Gründen die Wahl zwischen guten Noten und dem Dr. med. direkt nach dem Studium. Da habe ich mich natürlich für die guten Examensnoten entschieden.

Und nun kommt der entscheidene Punkt: Wer täglich als Ärztin im Krankenhaus Überstunden machen muss, der findet keine Zeit mehr für irgendwelche wissenschaftliche Ambitionen. Damit war für mich das Thema mit Beginn des AIP zunächst gestorben.

Vor zwei Jahren jedoch packte mich der Ehrgeiz und ich begann an der Uni Tübingen eine neue Doktorarbeit. Es gehen dabei Wochenenden drauf, Urlaubstage und gelegentlich Feierabende. Aber ich bin der Überzeugung, dass es sich lohnt, nicht zuletzt, da es sich um eine ganz neue Erfahrung handelt: Neue Fertig- und Fähigkeiten, konkrete Einblicke in die Arbeit von hauptberuflichen Forschern nenne ich schon jetzt mein Eigen – und nicht zuletzt schule ich mein Durchhaltevermögen. Es macht auch Spaß, sich intensivst mit einem speziellen medizinischen Thema zu beschäftigen, gerade wenn man von der praktischen Medizin abgerückt ist.

Warum ich das erzähle: Wer verallgemeinernd behauptet, die medizinische Doktorarbeit sei ein “Witz”, hat meiner Meinung nach absolut keine Ahnung. 
Komisch: Meist kommen solche Kommentare entweder von Medizinern, die selbst nicht promoviert haben, oder aber von Nicht-Medizinern (die sich angesichts des bei Süddeutsche online erwähnten hohen Ansehens von Ärzten wohl in der Defensive sehen).

In jedem Fach gibt es anspruchsvollere und weniger anspruchsvolle Doktorarbeiten. Ich kann und will aber einfach nicht glauben, dass der Dr. med. generell weniger wert sein soll als andere Dres.

Klar, dies ist Polemik, aber die Aussagen von Frau Beisiegel sind sicherlich nicht weniger polemisch.

(Melanie)

Foto: ccvision

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