Wozu brauchen wir Ärzte eine Geheimsprache?

Ganz klar: Damit die Patienten uns nicht verstehen.
Die Ärztegeneration der “alten Schule” redet selbstverständlich Latein oder Griechisch, heutzutage hingegen redet man auch schon einmal englisch. Oder man erfindet Abkürzungen – wahrscheinlich der effizienteste Weg, denn Abkürzungen kann man nicht so ohne Weiteres im Wörterbuch nachschauen.
Nun gibt es verschiedene Arten von “Geheimbegriffen”.
Und nicht immer geht es darum, den Patienten zu beledidigen, wie oft gerne angenommen wird.
Es gibt in unserer Branche so manches Tabu. Wörter, die man nicht ausspricht weil sie Dinge bezeichnen, die unangenehm sind: Tod und Sterben etwa.
Zum Beispiel bösartige Tumorerkrankungen (ich könnte auch “Krebs” sagen, aber das sagt man nicht im Krankenhaus). Die sind leider oft genug ein Todesurteil, man geht ihnen aus dem Weg, glaubt dass mit dem nicht-Nennen des Namens auch die Krankheit aus dem Weg geht. Im angelsächsischen Sprachraum gibt es den Begriff “The Big C”, das Große C, C für Carcinom, ein Wort, das man nicht ausspricht.
Verständlich.
Manchmal nennt man einen Tumor auch eine “mitotische Wunde” oder einfach nur “eine Geschwulst”. Metastasen – Tochtergeschwulste – werden als “filiae” bezeichnet.
Aids ist auch so eine Sache. Man spricht oft verharmlosend von einem „Immundefekt“ oder kurz und diskret von „ID“.
Früher war Tuberkulose oft ein Todesurteil. Außerdem hatte die Krankheit hatte in früheren Zeiten ein soziales Stigma, galt als “Armeleutekrankheit” und wurde verdrängt und tabuisiert, man redet einfach nur von “säurefesten Stäbchen”, oder “Morbus Koch” oder nuschelt einfach etwas von “säurefest”.
Es gibt noch viele, viele weitere Beispiele…

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