Auf mein-parteibuch findet sich ein Artikel, der die Frage aufwirft, ob die
“Ärzte Zeitung”
bezahlte Werbung als Artikel verkauft hat — im Auftrag der Deutschen Homöopathie
Union, die entgegen der ersten Vermutung nicht etwa ein Interessensverband,
sondern schlicht ein homöopathischer Pharmakonzern ist. Der frühere Chefredakteur,
Dr. Thomas Kron, erklärte bei boocompany:
Der ganze Homöopathie-Quark steht nur deswegen in dem Blatt, weil die DHU –
die Deutsche Homöopathie-Union – dafür bezahlt. Es handelt sich also um bezahlte
Redaktion bzw. Werbung. Und da macht sich kein Redakteur mehr Gedanken über den
inhaltlichen Wert der Beiträge. Es reicht, dass die DHU gezahlt hat. Ausserdem
sind die verantwortlichen Chefredakteure keine Mediziner und verstehen rein gar
nichts von dem, was in dem Blatt an Medizin drin ist.
Ein entsprechender Kommentar dazu wurde bei science-blogs gelöscht, Dr. Kron
bestätigte aber auf erneute Anfrage hin, dass er genau diesen Kommentar
abgegeben hat. Eine manipulative E-Mail an boocompany sollte auch noch
eine ladungsfähige Anschrift herauskitzeln, dies wurde vom Betreiber von
boocompany verhindert. Die DHU erklärte inzwischen durch ihren
Geschäftsführer, dass diese Behauptung
nachweislich falsch, diffamierend und geschäftsschädigend [ist].
Die DHU zahlte nicht für die redaktionelle Berichterstattung in der ÄrzteZeitung …
Bei Diskussionen oder Artikeln über die Arbeitszeit oder die Entlohnung von ÄrztInnen lese und höre ich oft eine Mischung aus Neid und Gehässigkeit heraus. Ja, ich habe mir das Studium selbst ausgesucht und mir geht es sehr gut. Ich wohne in einer trockenen, warmen Wohnung, habe genug zu essen und fahre ein- oder zweimal auf Urlaub pro Jahr. Vor kurzem habe ich mir spontan ein neues Rad gekauft, einfach weil es mir gefiel. Ich bin sehr dankbar für das, was ich habe. Trotzdem denke ich, dass es nicht verpönt sein soll, wenn man sich für gute Arbeitsbedingungen und das Einhalten von Arbeitszeitgesetzen einsetzt. Oder sich schlicht und einfach ab und zu über den Stress in der Arbeit beschwert. Und ja, auch die Pflege hat es oft hart und stressig, wie viele andere Berufsgruppen auch.
Ich bin der Meinung, dass solche Debatten oft am grundsätzlichen Verständnis für den ärztlichen Beruf scheitern. Mein Mann arbeitet zwar in einem nicht medizinisch-klinischem Bereich, aber trotz seiner Tätigkeit in einem Spital habe ich oft das Gefühl, dass ich nicht einmal ihm wirklich erklären kann, was es bedeutet täglich emotionalem und handwerklich-technischem Stress in Verbindung mit stundenlanger Büroarbeit “ausgesetzt” zu sein (in Wochen mit maximaler Auslast teilweise >80 Stunden pro Woche). Der ärztliche Beruf in einem öffentlichen Spital liegt jenseits von Golfspielen mit güldenen Bällen, Privatjet oder lustigem Scrubsalltag. Tagtäglich wechselt man zwischen sofort, gleich oder später sterbenden Menschen, schockierenden Blutungen, eingebildeten Krankheiten, traurigen Hinterbliebenen und einfachen Appendektomien im Minutentakt hin und her. Das schlägt trotz Routine und starkem Charakter gelegentlich auf die eigene Laune, respektive Psyche. Man versucht die nahezu täglich vorkommenden Traumen (tote 14-Jährige auf dem Tisch aufgrund Leberruptur nach Skiunfall, 30-Jährige mit Hirnblutung nach Frontalkollision im Rahmen eines Suizidversuches, metastasiertes Rektumkarzinom bei einer jungen Mutter mit einem einjährigen Sohn, Ruptur eines vorher nicht bekannten Aortenaneurysmas eines 40-Jährigen, und so weiter und so fort) zu verarbeiten ohne durchzudrehen, während in den Kommentarspalten unter einem Artikel über den Stress im Arztberuf über die reichen, hochnäsigen, schnöseligen ÄrztInnen ohne Empathie gemobbt wird.
Endlich sind sie da – die lang ersehnten Ferien. Nach Monaten der Arbeit endlich eine Woche weg. Ortswechsel. Kein Laptop, kein im 5-Minuten-Takt piepsender Sucher, keine PatientInnen, keine Angehörigengespräche. Stattdessen Sonne, Meer, Ausschlafen, Baden, Ausruhen, Kraft tanken. Der letzte Dienst hat dem Stress der vergangenen Monate die Krone aufgesetzt – die Station gleicht einem Gruselkabinett. Ich sortiere die PatientInnen zwischen semistabil, bald sterbend und tot. Ein Anruf von der Pflege – ist es dringend? Falls nein, dann muss es leider warten. Dazu Papierkram, weinende Familien, der Bestatter, die Polizei. Keine Zeit um an Essen oder einen Toilettengang zu denken. Das Gute an einem stressigen Dienst ist, dass die Zeit wie im Flug vergeht. Flug – habe ich schon eingecheckt? Was muss noch in den Koffer? Hauptsache Pass, Kreditkarte und Handy. Alles anderes ist mir egal, ich will einfach nur weg und abschalten. Richtig entspannt bin ich erst im Zug, auf dem Weg zum Flughafen. Die Haustiere sind in guten Händen, der Koffer verstaut und mein Mann bestellt im Speisewagen eine Flasche Sekt. Am Flughafen wird der Koffer abgegeben, noch ein bisschen gebummelt und anschließend in das Flugzeug eingestiegen. Alles funktioniert reibungslos, kein ewiges Rumstehen im Gang, brave Passagiere. Die Türen des Flugzeuges werden verschlossen, die Gurte festgezurrt, es kann losgehen. Doch es geht nicht los. Das Flugzeug bleibt stehen, man wartet geduldig. Ich freue mich auf das Gefühl des Abhebens, als plötzlich eine Durchsage ertönt. Ob sich medizinisches Personal an Board befinden würde. Seufz. Doch noch nichts mit Urlaub. Mir fällt eine Anästhesistin ein, die mir erzählte, dass sie sich am Flughafen immer sofort betrinke, damit sie dann an Board nicht arbeiten müsse. Ich schlurfe in Flipflops ein paar Reihen weiter. Die “Patientin”, eine circa 50 Jahre alte Frau. Aufgelöst, am Zittern. A-P-Symptomatik. Die FlugbegleiterInnen bleiben professionell ruhig und begleiten die Dame nach hinten, wo sie sich auf den Boden setzt. Ich frage sie, ob sie die Symptome kenne und ob sie Medikamente nehme. Sie zieht ihre Bluse hoch und deutet auf eine sehr lange Narbe, welche vom Brustbein bis zum Oberbauch zieht. 5 Stents seien da schon drinnen. Ich frage den Flugbegleiter, ob sie einen “Arztkoffer” an Board hätten, dann könne ich zumindest mal den Blutdruck messen. Ja, den gäbe es, aber solange sie noch am Boden sind, dürfen sie diesen nicht öffnen. Die Ambulanz sei unterwegs. Ich erkundige mich bei der Frau, welche Medikamente sie bei sich habe. Sie deutet auf ihre geöffnete Tasche. Neben einem durchsichtigen Beutel mit einem Haufen Tabletten (Statine, Clopidogrel, ASS, Citalopram, Betablocker) liegt eine Packung Zigaretten. Fünf Stents und Raucherin? Hofft sie auf einen baldigen Sechsten? Von draußen klopft es. Zwei Sanitäter steigen ein und begleiten die Frau nach draußen. Die Türen werden wieder verschlossen, es kann weitergehen. Doch vorher werden noch die “overhead bins” vom Personal durchsucht, denn die Frau könne ja alles nur vorgetäuscht und eine Bombe im Flugzeug hinterlassen haben. Irgendwann fliegen wir mit Verspätung ab, der Urlaub kann nun endlich beginnen.
Sowohl mein Päckchen (Laptop lässt sich brav von der Sendungsverfolgung beobachten) als auch die Klausurergebnisse!
Tja, was soll ich sagen… ich darf dann wohl doch mal wieder in ein Rigo! Allen guten Vorsätzen zum Trotz hat es mich erwischt. Aber auch wenn mich das schon traurig macht, zumindest habe ich mir nichts vorzuwerfen. Ich war fleißig, […]