So mittlerer Nachmittag war es. Herr Klauzifs mittlere Herzfrequenz hatte sich zu diesem Anlass auf irgendwas über 150 Schläge pro Minute eingependelt. Wir hüpften abwechselnd im Kreis um Hern Klauzif herum und verabreichten nacheinander, was unser Notfallkabinett so an Herz ausbremsenden Medikamenten gab. Dies half aber nicht. Herr Klauzif begann an unserer Kompetenz zu zweifeln und steigerte seine Herzfrequenz auf 180 pro Minute. Das wiederum war nun keinem der Beteiligten recht und wir entschlossen uns zu einer Kardioversion.
Herr Klauzif sollte in eine Kurznarkose gelegt und sein Herz mithilfe eines Elektroschocks wieder in den richtigen Rhythmus gebracht werden. Ein exzellenter Plan. Herr Klauzif stimmte zu. Wir wechselten unseren Standort von der Notaufnahme zur Überwachungsstation, stellten einen Defibrillator neben das Bett und legten los.
Da Herr Klauzifs Herz sowieso nicht mehr das beste aller Herzen war, spritzte die Schwester das Narkosemedikament besonders langsam, auf dass er besonders schonend in den beabsichtigten Schlaf gleiten sollte.
Herr Klauzifs Augen schlossen sich, nur die Lider zuckten noch ein bisschen. Gleich waren wir soweit. Ich ergriff schon mal die Defibrillator-paddels.
Nun begab es sich aber, dass ich der designierte Dienstarzt für Extra-Notfälle war. Und da war ich ja auch. Bei Herrn Klauzifs rasendem-Herz-Notfall. In diesem Augenblick wurde jedoch Frau Glumzahf in der Eingangslobby schlecht und sie fiel um. Die Pfortendame sah dies und drückte entsetzt auf den Super-Notfall-Knopf in ihrem Pfortenhäuschen. Der Reanimationsalarm piepste durch’s Klinikum.
„PIEP PIEP PIEP“, sagte nun denn mein Notfallpiepser, „PIEP. Bitte sofort zum Reanimationsalarm in die Eingangslobby. Ich wiederhole zum Reanimationsalarm in die Eingangslobby.“
Blöd. Herrn Klauzif, der gerade mit einer Herzfrequenz von 180/min in die Kurznarkose glitt, konnte man jetzt schlecht alleine lassen.
Der Nachmittags-Arzt in der Notaufnahme war nun dran. Schwester Margarita rief auf meinen entgeisterten Ausruf hin auch sofort an und wurde nun zu meinem Ärger in eine längere Diskussion verwickelt.
„Er muss sofort hingehen!“ rief ich verzweifelt, was es dann da zu diskutieren gäbe. Dann führte ich die Kardioversion durch, während der ich die meiste Zeit Dinge rief wie: „ER MUSS JETZT HINGEHEN!“ oder auch „Alles weg vom Patienten! Achtung Schock!“ und „ER MUSS SOFORT HINGEHEN!!!“ „JETZT GLEICH!“ „HINGEHEN!“
Schwester Margarita sagte dann, der neue Nachmittags-Notaufnahme-Arzt hätte nicht so den Plan gehabt was er tun solle und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Jemand wäre aber zum Notfall hin. Ich verließ Herrn Klauzif, der nun mit normalem Herzrhythmus in einer annehmbaren Frequenz schon wieder zügig am Aufwachen war in der Obhut der erfahrenen Anästhesiepflege und eilte in die Eingangslobby.
Dort saß Frau Glumzahf entspannt in einem Klinikrollstuhl. Ein kardiologischer Oberarzt dreht sich gerade gelangweilt zum Weggehen und informierte mich mit desinteressierter Stimme, dass die Dame heute zu wenige getrunken habe und deswegen kollabiert sei. Er würde nun wieder in den Herzkatheter gehen um dort lebensrettende, kardiologische Maßnahmen durchführen. Der Nachmittags-Arzt? Ach ja, der habe ihn geschickt. Da müsse man wohl nochmal die Notfallleitlinien mit dem durchsprechen.
Das Beste an dieser Geschichte? Der blöde Notfallpiepser hatte die ganze vorherige Woche keinen Alarm gegeben.