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„Körperwelten“ gastiert in Köln
Wie Puppen sehen sie aus: die Leichen von Ungeborenen. Nur ein zarter Flaum auf der Körperoberfläche zeigt an, dass hier ein Mensch ausgestellt ist. Leuchtend rote Adergeflechte aus Kunststoff, aufgefächerte Muskeln, verästelte Nervenstränge wie Kabelsalat in einem Roboter vor weißen Knochen – waren dieses mal menschliche Körper?
Eine ungewohnte Sichtweise (nicht nur) auf den menschlichen Körper bietet die Anatomie-Schau „Körperwelten“, die derzeit im Kölner Stadtteil Kalk gastiert. Die Wanderausstellung des Heidelberger Anatoms und Geschäftsmannes Gunther von Hagens steht dieses Mal unter dem Motto „Eine Herzenssache“. Während ein Teil der Exponate bereits in früheren Ausstellungen zu sehen war, liegt der Schwerpunkt nun auf dem Thema Herz und Kreislauf.
Etwas größer als eine Faust ist es: das menschliche Herz. Täglich pumpt es circa 7000 Liter Blutvolumen durch den Körper. Das entspricht dem Inhalt der 35 blutroten Metallfässer, die sich an einer schwarz verhangenen Wand auftürmen. Besucher können sich ihren Blutdruck selbst messen oder das feine Plastikgeflecht eines Gefäßpräparates bestaunen. In der Ausstellungshalle ist beständig das gedämpfte Pochen eines Pulsschlags zu hören. Zahlen und Vergleiche sind auf den Wandtafeln nachzulesen, zum Beispiel, dass das Herz einer Spitzmaus etwa tausend Mal pro Minute schlägt.
Die Stars der Ausstellung sind natürlich die Präparate selbst. Zu sehen sind Körper in verschiedenen Posen sowie einzelne Organe. Auch Einblicke in Ziege, Pferd, Ferkel und Giraffe sind möglich. Eher abstrakt wirken die menschlichen und tierischen Überreste, mehr wie eine Kunststoffskulptur oder Madame Tussauds für Mediziner. Es handelt sich hier um Plastikprodukte in natürlich erscheinenden Farben. Das wirkt weniger organisch als Nasspräparat, Formalingeruch und Leichenblässe. An den Kunststoffleichen lässt sich der Verlauf der Hirnnerven verfolgen oder die Lage der Organe nachvollziehen – wie in einem dreidimensionalen Lehrbuch.
Zu den meisten Exponaten aber sind die Informationen spärlich gehalten. Zwar ergänzt eine kostenpflichtige Audioführung das Angebot. Doch wer ein bisschen medizinisches Vorwissen mitbringt, erfährt nur wenig. Etwas mehr Details sind wünschenswert, welche zum Beispiel mit einer „Audioführung für Fortgeschrittene“ vermittelt werden könnten oder von Medizinern, die anatomische Strukturen direkt am Präparat erklären.
Die Ausstellung selbst, bestimmte Exponate und die Person Gunther von Hagens sind umstritten. So bleibt auf Anordnung der Stadt Köln ein Raum für Besucher verschlossen, in welchem die Anatomie des Geschlechtsakts zu sehen gewesen wäre. „Der schwebende Akt“, zwei ineinander gesteckte Körper, erzürnt und verschreckt einen Teil der Bevölkerung. Tote beim Liebesspiel? Wie makaber. Hätten die Toten dieser Darstellung zugestimmt? Andere empören sich über die „Prüderie“ des Ordnungsamtes. Könne nicht jeder selbst entscheiden, was er sehen möchte, wird da gefragt.
Die Reaktion der „Körperwelten“-Besucher ist insgesamt positiv bis neutral. „Die Ausstellung war sehr interessant“, schreibt ein Besucher in das Gästebuch. Jemand anderes vermerkt: „Anfangs hatte ich ein wenig Bedenken, dass es mich abschreckt. Doch durch die präzise Darstellung kam es sehr professionell rüber.“ Für andere ist die Leichenschau eher verstörend: „Sehr faszinierend, interessant aber auch er- und abschreckend zugleich“.
Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Januar 2010 in Köln zu sehen. Unter dem Motto „Der Zyklus des Lebens“ ist Körperwelten bis zum 28. Februar in Zürich zu sehen.
Weitere Informationen unter www.koerperwelten.de