Es geschah diese Woche am Montagabend um 21:00. Im Ersten Programm der ARD wurde eine Reportage gesendet, Titel: „Heilung unerwünscht“. Es ging um Neurodermitis und auch um Schuppenflechte, und um eine Salbe, die angeblich sensationell gegen diese beiden häufigen Hauterkrankungen hilft. Die Zutaten sind ganz simpel: Vitamin B12, Avocadoöl und ein Emulgator, damit sich das eine im anderen löst.
(Bild: Kind mit Neurodermitis, Wikimedia.commons, Lizenz siehe dort.)
Und dies soll sensationell sein? Besser wirken als alle Kortisonsalben? Ich habe meine Zweifel. Als aber Professor Altmeyer, Dermatologe am Josefshospital in Bochum, Medizinprofessor an der Ruhr Universität und Verfasser einer umfangreichen Enzyklopädie zum Thema Hautkrankheiten, ins Bild kommt, höre ich aufmerksamer hin.
„Eine rosa Salbe kann man nicht doppelblind testen“, sagt Altmeyer. Na ja, das klingt schon ein wenig befremdlich – gibt es keinen rosa Farbstoff für Placebosalben? Egal, Altmeyer ist ein Begriff und ich merke, wie ich so langsam an diese merkwürdige Salbe zu glauben beginne.
Die Augen hat mir ein paar Tage später der Blog der Stationären Aufnahme geöffnet. Tatsächlich hat der Autor des Filmbeitrags gleich das Buch zum Film herausgebracht, das am nächsten Tag schon den Platz drei auf der Bestsellerliste von amazon. de erobert hat.
Aber das tollste kommt noch: Im Film beklagen der Erfinder der Wundersalbe, der Autor und noch so manch anderer wehmütig, dass keines der bösen Pharmafirmen die Salbe auf den Markt bringen wolle. Und das nur, weil die ihren eigenen Mist teuer verkaufen wollen: „Heilung unerwünscht“ eben.
Und siehe da, am nächsten Tag geschieht noch ein Wunder: Die Salbe, die Neurodermitis heilen kann, ist schon im Internet zu bestellen, 100g kosten 23,08 Euro.
Na, ein Schelm, wer böses dabei denkt! (Ich mache jetzt hier keinen Link zum Hersteller der Salbe.)
Ich schäme mich jetzt noch für den letzten Montag, an dem ich so autoritätsgläubig war und auf so einen billigen Marketingtrick herein gefallen bin. Und ich schäme mich für die ARD, die eine so billige Schleichwerbung ungeprüft versendet.
Quellen
Hier ist der Film auf der ARD-Mediathek zu sehen (nur für begrenzte Zeit!).
Stationäre Aufnahme mit dem Bericht zur Sendung, dort weitere Links.
P. Altmeyer: Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Umweltmedizin,frei verfügbares Dermatologienachschlagewerk von Prof. Altmeyer