Internistisches Polytrauma. Oder: Können Hausärzte denken?

Patientin des Tages heute ist Frau K.: Mitte siebzig, verwitwet, alleinstehend, übergewichtig und eine ellenlange Diagnosenliste: Asthma, Schlafapnoe, Schnarchen, Schlaflosigkeit und alle möglichen weiteren Probleme, ihren Schlaf betreffend. In irgendeinem alten Entlassbrief war auch mal von Schlafwandeln die Rede, aber ich glaube, das hat sich inzwiwschen erledigt, schon allein weil ihr das Aufstehen in den Hüften wehtut. Überhaupt tuts so gut wie überall weh: Rücken, Hüften, Schultern… eigentlich tut ihr so gut wie alles weh, und da wo’s nicht weh tut, da kribbelt’s oder zwickt’s.
Und natürlich ist sie Diabetikerin, hohen Blutdruck hat sie sowieso und hohes Cholesterin natürlich auch, das hat ja schließlich jeder.
Wie zu vermuten ist die Liste ihrer Medikamente noch viel länger als die Liste ihrer Diagnosen.
Ihre Privatapotheke hat sie dabei, in zwei prall gefüllten Plastiktüten. Als da wären: fünf verschiedene Blutdruckmittel. Sechs Asthmasprays. Sieben Schmerzmittel. Und so weiter, und so weiter.
Da bleibt es nicht aus, dass die verschiedenen Mittel einander beißen: Eines der Blutdruckmittel (Beta-Blocker) ist bei Asthma streng kontraindiziert. Und eines der Schmerzmittel (ein sogenannter NSAR) auch. Hätte der Hausarzt das nicht merken müssen? Oder liegt es daran, dass der Orthopäde nichts vom Asthma weiß und der Hausarzt nichts von dem, was der Orthopäde verordnet hat? Aber wäre es nicht die Aufgabe des Hausarztes, dieses Dickicht einmal zu durchforsten und unnötige oder gar gefährliche Medikamente abzusetzen?
Und nicht zuletzt: Wenn jemand schon über zwanzig Pillen am Tag schlucken muss – ist es dann wirklich nötig, ihm noch etwas gegen erhöhtes Cholesterin und Harnsäure dazu zu schreiben?

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