Die Stimme nebenan klingt unangenehm.
Ich habe mich in den kleinen Aufenthaltsraum in der Notaufnahme verkrochen und trinke nen schnellen Kaffee, welcher das Mittagessen ersetzt.
„…und ich erwarte, dass meine Schwiegermutter keine Schmerzen mehr leiden muß!“
Eine schrille weibliche Stimme.
„Gute Frau, wir werden unser Bestes tun!“
Schwester Anna bemüht sich offenbar um Schadensbegrenzung.
„Das sagen Sie immer! Aber nichts wird getan. Der Hausarzt ist ein Idiot. Hat ihr nur ein paar Spritzen gegeben, die haben gar nichts genutzt. Seit zwei Wochen hat meine Schwiegermutter höllische Rückenschmerzen…“
„Und vorher?“
„…eigentlich hat sie schon seit zwanzig Jahren schwere Rückenschmerzen und keiner kann ihr helfen…“
„Wir werden uns bemühen!“
„…und ich sage Ihnen, wenn Sie diesmal nichts tun…. mein Mann ist nämlich der Schwager vom…“
„Ich sagte doch schon…“
„Warum ist denn hier noch immer kein Arzt da?“
Damit ist wohl der Zeitpunkt gekommen, mich aus der Deckung zu wagen. Seufzend lege ich die Zeitung weg, stehe auf, knöpfe den Kittel zu und stelle mich dem Feind.
In einem Sekundenbruchteil hat die dralle, viel zu grell geschminkte Mittvierzigerin mich entdeckt. Neben ihr auf der Liege liegt ein armes Bündel Mensch.
„Hallo, Herr Doktor. Ich sage Ihnen gleich, mein Mann ist der Schwager vom…“
Ich nicke ihr kurz zu und schüttele dann der eigentlichen Patientin die Hand. Die ist nämlich gar nicht dement und kann eigentlich auch selber sprechen.