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Die VFA-Cheflobbyistin im Interview mit dem Internetportal “Vitafil” der PR- und Lobbyistenagentur WMP Eurocom auf die Frage, warum Pharmahersteller “trotz ihrer Erfolge” immer wieder angegriffen würden.
(Quelle: www.vitafil.de/?p=331).
Auswertung der unterstützten Forschungsprojekte der MS-Gesellschaft (2008 – Frühling 2014)
Die MS-Gesellschaft hat die Liste der unterstützten Forschungsprojekten mit den Projekten bis Frühling 2014 ergänzt. Besten Dank an die MS-Gesellschaft für das Pflegen dieser Angaben.
Mit diesen neuen Daten habe ich die letzte Auswertung mit den neuen Projekten ergänzt.
Auswertung Forschungsförderung
Die graphische Auswertung der unterstützten Forschungsprojekte von 2008 bis Frühling 2014 zeigt folgendes Bild:
Anzahl Forschungsprojekte nach Universitäten, 2008 – Frühling 2014
Unterstützte Forschungsprojekte nach Fachgebiet, 2008 – Frühling 2014
Auswertung
- Seit 2008 wurden 60 Projekte unterstützt.
- Rund 8.2 Mio. Franken wurden in den letzten 6½ Jahren für die Forschungsförderung ausgegeben. Die MS-Gesellschaft vergibt jährlich etwa 1.2 Mio. Franken.
- Ein unterstütztes Projekt erhält im Durchschnitt 50‘000 Franken.
- Die unterstützten Projekte werden mehrheitlich an die Schweizer Universitäten vergeben. Etwa die Hälfte der Projekte wurde an die Universitäten Basel und Zürich vergeben. Die Aufteilung ist in der ersten Grafik dargestellt.
- Die MS-Gesellschaft hat zu über zwei Dritteln immunologische Forschung unterstützt, wovon 17 Projekte zur Mausforschung (EAE) gehören. Die zweite Grafik zeigt die Aufteilung nach Fachgebieten.1
- Die 160 unterstützten Projekte wurden auf 87 verschiedene Personen verteilt.
- 35 Projekte wurden an Forscher vergeben, die selbst im wissenschaftlichen Beirat (2013: 31 Mitglieder) sind, der diese Forschungsförderung vergibt.
- 61 unterstützte Projekte wurden von Professoren eingereicht.
- Die am stärksten geförderten Unis der letzten sechs Jahre sind:2
- Universität Zürich: Fr. 2.1 Mio. Franken
- Universität Basel: Fr. 1.9 Mio. Franken
- Universität Genf: Fr. 1.4 Mio. Franken
Die folgende Tabelle zeigt die Forscher mit drei und mehr Projekten:
Forscher | Anzahl Projekte | ~Förderungsbetrag kCHF2 |
---|---|---|
Walter Reith | 7 | 359 |
Britta Engelhardt | 6 | 308 |
Burkhard Becher | 6 | 308 |
Danielle Burger | 6 | 308 |
Patrice Lalive | 6 | 308 |
Raija Lindberg | 6 | 308 |
Ruth Lyck | 6 | 308 |
Adriano Fontana | 5 | 256 |
Tobias Suter | 5 | 256 |
Nicole Schaeren-Wiemers | 4 | 205 |
Norbert Goebels | 4 | 205 |
Paul Grossman | 4 | 205 |
Renaud Du Pasquier | 4 | 205 |
Andrea Huwiler | 3 | 154 |
Cornel Fraefel | 3 | 154 |
Jan Lünemann | 3 | 154 |
Nanco van der Maas | 3 | 154 |
Burkhard Ludewig | 3 | 154 |
Stéphanie Hugues | 3 | 154 |
Forscher, die seit 2008 drei und mehr geförderte Projekte haben. Die Veränderungen seit der letzten Auswertung sind gelb markiert und schräg geschrieben. kCHF = Kilo Franken, also Beträge in 1000 Franken; Datenquelle: MS-Gesellschaft, eigene Auswertung.
Im Sinne von Open Data ist die Auswertung als Tabellendokument, wie schon seit Beginn, als Anhang verfügbar.
Unterstützte Projekte Frühling 2014
Die folgenden Grafiken zeigen die im Frühling 2014 unterstützten Projekte.
Anzahl Forschungsprojekte nach Universitäten, Frühling 2014
Neu unterstützte Forschungsprojekte nach Fachgebiet, Frühling 2014
Kohortenstudie (SMSC-Study)
Zur Kohortenstudie wurden keine Daten veröffentlicht, oder zumindest sind mir diese nicht bekannt.
MS-Register
Wie viele MS-Betroffene gibt es in der Schweiz? Wie geht es ihnen?
Diese Fragen können nicht beantwortet werden. Keine Daten sind verfügbar. Man ist auf grobe Schätzungen angewiesen. Die MS-Gesellschaft hat deshalb die Einführung eines MS-Register für die Schweiz beschlossen. Das ist ein wichtiges Projekt.
Fazit
Die Verteilung der Projekte auf die verschiedenen Universitäten und die einzelnen Personen ist ok. Inhaltlich ist die immunologische Forschung mit zwei Drittel der Projekte klar dominant. Die Immunologie ist der deutliche Schwerpunkt der geförderten Forschung der MS-Gesellschaft.
Aus Patientensicht würde ich mir wünschen, wenn die MS-Gesellschaft als Betroffenenorganisation die Prioritäten der Betroffenen in die Forschungsförderung klarer einfliessen lassen würde. Für Patienten relevante Fragestellungen, die sonst zu kurz kommen, sollten in der geförderten Forschung in erster Linie berücksichtigt werden.
Offenlegung
Seit Ende 2013 bin ich Mitglied es Wissenschaftlichen Beirates der MS-Gesellschaft. Die Auswahl der Projekte wird von einem Fachgremium vorgenommen. Für diese Auswertung habe ich mich auf die öffentlich verfügbaren Informationen, wie bereits seit der ersten Auswertung 2011, gestützt. Im Blog drücke ich meine persönliche Meinung aus, die nicht mit jener der MS-Gesellschaft übereinstimmen muss.
Interessenkonflikte bei deutschen ADHS-Leitlinien
In Australien hat eine Zeitung gestern enthüllt, dass sieben der zehn Autoren der dortigen ADHS/ADHD-Leitlinie finanzielle Beziehungen zur Pharmaindustrie unterhalten. Angesichts der nicht unumstrittenen Praxis der zunehmenden Verschreibung von Methylphenidat (in Deutschland u.a. von Novartis als Ritalin®, von UCB als Equasym®, von Medice als Medikinet®, von Janssen-Cilag als Concerta®) und Atomoxetin (von Lilly als Strattera®) an Kinder und Jugendliche ein bemerkenswerter Befund.
Anlass für mich, einen Blick auf die Autoren der entsprechenden Leitlinien in Deutschland zu werfen. Ich habe nicht erwartet, dass die Situation bei uns besser ist. Vorneweg: Das ist sie auch nicht, im Gegenteil.
Aktuell scheinen in Deutschland zwei Leitlinien zu ADHS bei Kindern und Jugendlichen eine Rolle zu spielen. Zum einen gibt es die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte e.V., die von einer Expertengruppe mit 15 namentlich genannten Personen entwickelt wurde und auch von anderen Fachgesellschaften mitgetragen wird. Zum anderen gibt es die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie mit vier Autoren.
Gemeinsam ist beiden Leitlinen, dass die Interessenkonflikte der Autoren nicht thematisiert oder gar offengelegt werden. Bleibt die eigene Recherche im Internet. Bei 19 Autoren überwiegend ohne nennenswerte Publikationen in angesehenen Zeitschriften ein durchaus mühseliges Unterfangen.
Bei 14 (ca. 74 Prozent) der insgesamt 19 Autoren habe ich dennoch konkrete Hinweise auf entsprechende Interessenkonflikte gefunden. Fast immer handelt es sich um (üblicherweise lukrative) Einsätze als Sprecher auf sogenannten Satellitensymposien. Für die verbleibenden Autoren muss das keinesfalls bedeuten, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Nur ein verschwindender Bruchteil der industriefinanzierten “Fortbildungen” hinterlässt Spuren im Internet. Beratungshonorare oder Reisekostenzuschüsse tun dies fast nie.
Folgende Autoren sind mir in Funktionen aufgefallen, die einen signifikanten Geldfluss von der Pharmaindustrie höchst wahrscheinlich erscheinen lassen. Angegeben und verlinkt ist nur eine Auswahl der Auftritte.
Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte
Prof. Dr. Harald Bode: Vorsitz bei Lilly- und Janssen-Cilag- Satellitensymposien
PD Dr. Dr. Klaus-Peter Grosse: Moderation und Sprecher auf Medice-Satellitensymposium
Dr. Klaus Skrodzki: Moderation und Sprecher auf Medice-Satellitensymposium, Sprecher auf Janssen-Cilag-Satellitensymposium
Dr. Jürgen Gromball: Sprecher auf Medice-Satellitensymposium
Dr. Ulrich Kohns: Sprecher auf Medice- und Lilly-Satellitensymposium
Dr. Hans-Jürgen Kühle: Sprecher auf Medice-Satellitensymposium
Dr. Kirsten Stollhoff: Sprecher auf Medice-Satellitensymposium
PD Dr. Bernd Wilken: Sprecher auf Allergan-Satellitensymposium
PD Dipl. Psych. Dr. Christian Wolff: Sprecher auf Medice- und Lilly-Satellitensymposium
Dr. Eckhard Ziegler-Kirbach: Sprecher auf Medice-Satellitensymposium
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Prof. Dr. sc. hum. Manfred Döpfner: Vorsitz bei UCB-Satellitensymposium, Sprecher auf Medice-Veranstaltungen
Dr. Gerd Lehmkuhl: Sprecher auf Medice-Satellitensymposium
Prof. Dr. Renate Schepker gibt in einer Präsentation u.a. folgende Interessenkonflikte an: “Für Vorträge in den letzten 5 Jahren Unterstützung von: Astra Zeneca, Janssen-Cilag, sanofi pasteur, […] Für Tagungen: Astra Zeneca, Bristol-Myers-Squibb, Desitin, Janssen-Cilag, Lilly, Medice, Novartis, Pfizer, ratiopharm, TAD, UCB – Keine Studien, keine Pharma-Gremien, keine boards, keine Aktien” (das einzige Disclosure-Statement, auf das ich gestoßen bin)
Dr. Jan Frölich: Sprecher auf UCB-Satellitensymposium
—
Update: Ergänzend hier noch ein näherer Blick auf die Verbindungen der Arbeitsgemeinschaft ADHS