Durchblutungsstörung am Herzen
Um zu verstehen, was ein akutes Koronarsyndrom genau ist, muss man wissen, wie eine Durchblutungsstörung an den Herzkranzgefäßen entsteht und wirksam wird. Die Vorstellung, eine Engstelle in den Herzkranzgefäßen wird immer enger bis schließlich ein Verschluss entsteht, ist veraltet und nicht zutreffend.
Atherosklerose (auch Arteriosklerose oder “Gefäßverkalkung”)
Die Atherosklerose ist die Grundlage jeden Schadens an den Herzkranzgefäßen. Hierbei kommt es vor allem an Stellen, die hohen Drücken ausgesetzt sind (Gefäßabgänge, Gefäßverzweigungen) zu entzündlichen Veränderungen im Bereich der Intima (Innenauskleidung der Schlagader). Im Zuge der fortschreitenden Entzündung folgt der fortschreitende Schaden, schließlich die Plaquebildung (Entzündung der Ader, inklusive Ablagerung und beginnender Verengung = Atherosklerose).
Dies klingt ein bisschen kompliziert, ist aber eine interessante Veränderung der Erkenntnisse über die Entstehung der Plaques. Einfach zusammengefasst: Nicht von außen lagern sich “Schmutzpartikel” an, sondern die Veränderung geschieht innerhalb der Gefäßwand. Dies erklärt die herausragende Bedeutung des Blutdrucks für die Atherosklerose. Jede Plaquebildung läuft über den Blutdruck, auch die Erhöhung der Plaquebildungsrate durch andere Risikofaktoren (Diabetes, Nikotinmissbrauch, Adipositas usw.) scheint schlussendlich über den Faktor Blutdruck zu wirken. Das würde erklären, warum es in den Venen (in denen kaum Druck herrscht) keine Sklerose und damit keine Plaquebildung gibt.
Plaqueruptur
Zur akuten Durchblutungsstörung in den Koronararterien kommt es durch ein Aufreißen (Ruptur) der Plaques und damit der Gefäßinnenhaut. In diesem Fall passiert, was immer bei Schädigung von Häuten passiert, es tritt Blut aus, das gerinnt. So wird der Schaden verschlossen, allerdings auch, wie man sich vorstellen kann, zum Teil oder ganz – die betroffene Ader. Die Plaqueruptur führt also zum akuten Koronarsyndrom, das eingeteilt wird in :
a) instabile Angina = Herzenge in Ruhe ohne EKG-Veränderungen, bei Teilverschluss eines Herzkranzgefäßes
und
b) Herzinfarkt = vollkommener Verschluss eines Herzkranzgefäßes mit drohendem Untergang des versorgten Herzmuskels
Diese Theorie der Entstehung von Durchblutungsstörungen an den Herzkranzgefäßen erklärt:
a) warum auch geringe Engstellen gefährlich sein können (sie können jederzeit einreißen)
und
b) warum starke körperliche Belastungen auch bei scheinbar herzgesunden Patienten zu Herzinfarkten führen können (ein eher unscheinbarer Plaque reißt unter der Druckerhöhung ein).
Im dritten Teil dieser kleinen Serie wird es um die Therapie des akuten Koronarsyndroms gehen.