facharzt.de [ Aktion “Stoppt-die-eCard”: Das Pleitenprojekt eCard hat keine Chance ]
„Zu früh gefreut“ – so kommentiert die Sprecherin der bundesweiten Bürgerinitiative “Stoppt die eCard”, Dr. Silke Lüder, das heutige Statement des Spitzenverbandes Bund der Kassen zum weiteren “Rollout” der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) in der Region Nordrhein.
“Uns war klar, dass sich die geballte Lobbyistenmacht dieses weltgrößten IT Projektes auf den neuen Gesundheitsminister stürzen würde, noch bevor das von uns und von FDP und Linkspartei geforderte Moratorium und die damit verbundene kritische Prüfung dieses Projektes überhaupt stattgefunden hat“, betonte Lüder. Allerdings beschränke sich die Zustimmung des neuen Gesundheitsministers nur auf die neue Versichertenkarte ohne neue Funktionen, „eben auch ohne die von den Kassen geforderte online Anbindung aller Praxen und der Verpflichtung zur Online Datenübertragung von Versichertendaten“.
Wie immer in diesem Projekt reihe sich ein neuer Schildbürgerstreich an den anderen. „Der Rollout hängt davon ab, ob Ärzte und Versicherte dieses Überwachungsprojekt akzeptieren. und das ist nicht der Fall“, unterstrich die Sprecherin der Initiative.
In Nordrhein werde der Rollout der Karte deshalb nicht stattfinden, weil die Hälfte der Ärzteschaft „trotz aller Kaufversuche” die onlinefähigen Kartenlesegeräte bis zum Stichtag boykottiert habe. „Wie will man da die eCards ‘ausrollen’?“, fragt Lüder. Mindestens 85 Prozent der Praxen müssten ausgestattet sein, sonst werde die Kartenausgabe zum Fiasko.
„Wenn erst einmal hunderttausende von Versicherten ihre alten Karten weggeworfen haben und die Praxen die Neuen nicht auslesen können, liegt das Gesundheitswesen in Nordrhein lahm, und das in Zeiten der Schweingrippenpanik“, gab die Allgemeinmedizinerin zu bedenken. Darüber hinaus hätten von 186 Kassen bisher nur 13 die Zulassung zur Ausgabe der Karten bekommen, und von diesen könnten viele deshalb keine Karten ausgeben, „weil Kartenhersteller die Angaben zum Ablaufdatum der neuen Karte nicht richtig aufgebracht haben“, verwies sie auf technische Probleme.
Rund 73 Prozent der Praxisärzte lehnten die eGK ab, über 700.000 Versicherte hätten in Arztpraxen und bei Selbsthilfegruppen unterschrieben, dass sie ihre alte Karte weiter nutzen werden und die neue ablehnen. „Die Testergebnisse waren eine Katastrophe, in den Testeregionen findet nichts mehr statt,vor kurzem hat auch die Testregion Heilbronn entnervt aufgegeben. Alleine in diesem Jahr müssen die gesetzlich Versicherten über 740 Millionen Euro für das Pleitenprojekt investieren, dieses Geld wird für die Versorgung der Kranken dringend benötigt“, warnte Lüder.
Die Bürgerinitiative aus 47 Organisationen aus allen Bereichen der Gesellschaft von AIDSHilfe, Frauengesundheitszentren, Bundesarbeitsgemeinschaft Patientinnenstellen über Freie Ärzteschaft, IPPNW und viele andere Ärzteorganisationen bis zum Chaos ComputerClub und dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vertrete mehrere Hunderttausend Bürger. „Klagen vor den Sozialgerichten gegen die e Card sind anhängig, und unser Widerstand wird weiter gehen.“
Die Kassen wären nach Aussagen von Kai-Uwe Steffens, dem zweiten Sprecher der Initiative, gut beraten, die Kartenausgabe gar nicht erst zu beginnen, wenn sie nicht weitere Millionen Versichertenbeiträge riskieren wollen. Die neue Bundesregierung hingegen sollte „ihren Ankündigungen im Koalitionsvertrag auf Schutz der Privatsphäre und des Arzt-Patientenverhältnisses auch Taten folgen lassen.”