Meine Kollegin Sarah setzt ihren süssesten Hundeblick auf.
„Sag mal, könntest Du mir vielleicht einen Gefallen tun…“
Ich lege die Krankenakte und das Diktiergerät weg.
Natürlich, für Dich tu ich doch alles, denke ich, ähem…. fast alles.
„Das kommt darauf an!“ sage ich.
Sie lacht und tritt vor die Wand des Arztzimmers, wo unser Dienstplan hängt.
„Könntest Du vielleicht ein Wochenende mit mir tauschen?“
Ich nehme meine Kaffeetasse und folge ihr.
Sie deutet auf eine bestimmte Stelle an dem Plan. Okay, das Wochenende, welches sie mir zuzuschustern im Begriff ist habe ich natürlich längst verplant. Eigentlich schon seit Wochen, und zwar für eine Sache, auf die ich mich schon lange gefreut habe. Aber, wie schon gesagt, für Sarah…
Ich unterdrücke ein Seufzen und nicke.
Sarah strahlt. Sie nimmt einen dicken Filzstift, streicht ihre Initialen aus und schreibt meine hin.
„Darf ich fragen… ohne indiskret sein zu wollen…“
„Oh, natürlich darfst Du! Es ist ja kein Geheimnis!“
Sie greift in die Kitteltasche und holt eine Einladungskarte heraus. Die Farben und das Design kommen mir irgendwie bekannt vor.
„Holadiol-Symposium“, lese ich da, Florenz 2009.
„Reisekosten und Hotel werden von der Firma gezahlt!“ sagt Sarah stolz.
Mir fällt vor Schreck fast die Kaffeetasse aus der Hand.
„Wie kommst Du…?“
Sarah lacht.
„Ach, ich war gerade in der Ambulanz, als dieser Pharmareferent hereinkam. Er wirkte ein wenig enttäuscht. Er sagte, daß er sich von allen Leuten hier im Haus verschaukelt fühlt. Ich habe mich einfach nur ein wenig mit ihm unterhalten und versucht, ihn zu trösten. Und dann meinte er, er hätte noch eine Einladung zu dieser Koferenz, die war eigentlich für den Chef gedacht, aber weil er den nicht gefunden hat, hat er sie mir gegeben!“
Ich setze mich wieder an meinen Schreibtisch, nehme Akte und Diktiergerät und bemühe mich, möglichst gleichgültig zu werden.
„…und verbleibe mit kollegialen Grüßen, Name, Unterschrift. Punkt. Weiter gehts mit dem Entlassungsbericht von…“