Müde und auch der stärkste Kaffee versagt. Wenn das Gehirn schlapp macht, könnten Pillen helfen…
Das Deutsche Ärzteblatt berichtet in seiner aktuellen Online-Ausgabe erneut über das Thema „Gehirn-Doping“. Anlass ist die aktuelle Debatte, inwieweit Mittel zur geistigen Leistungssteigerung freigegeben werden sollten.
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) warnt davor, bestimmte Medikamente mit Wirkung auf das Gehirn auch für Gesunde freizugeben. Diese (psychotropen) Mittel beeinflussen bestimmte Gehirnbotenstoffe und wirken dadurch aufputschend. Auch können sie Stress und Ängste vermindern. Die leistungsfördernde Wirkung verleitet offenbar viele Menschen dazu, die Pillen als Partydroge, Aufputschmittel oder „Wunderhelfer“ vor Prüfungen zu missbrauchen. Als „geeignete“ Gehirndopingmittel gelten Substanzen wie Modafinil, Methylphenidat (Ritalin), Amphetamine, Antidepressiva, Antidementiva und Betablocker.
Die auch als Psychostimulanzien oder Cognitive Enhancer bezeichneten Medikamente wurden für die Behandlung von Erkrankungen wie Narkolepsie, Demenz oder Störungen wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) entwickelt. Sie sollen unter anderem die Wirkung von Antidepressiva verstärken oder auch bei Migräne wirken.
Beim Gehirn-Doping werden körperliche Nebenwirkungen in Kauf genommen. Psychische Nebenwirkungen wie bei Kokain seien angeblich nicht zu erwarten. Dies gilt als Trugschluss: Gehirndoping geht mit einer gewissen Suchtgefahr einher, da offenbar bei manchen Substanzen (Modafinil) doch das Dopamin-Belohnungszentrum angeregt wird. Dopamin gilt als eine der Schlüsselsubstanzen bei Suchtverhalten.
Gehirn-Doping ist kein exklusiver Spleen: Nach einer Erhebung der DAK (Deutschen Angestellten-Krankenkasse) dieses Jahres nehmen 800.000 Angestellte regelmäßig Psychopharmaka, um sich für den Job fit zu machen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass laut DAK im vergangenen Jahr psychische Erkrankungen der vierthäufigste Grund für Krankmeldungen im Beruf waren.
Nach Darstellung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) verlernen Gehirn-Doper, ihre eigenen Grenzen zu erkennen. Auch würden sie sich mit steigendem Medikamentenkonsum immer weniger zutrauen, Probleme aus eigener Kraft lösen. Der BPtK warnte zudem vor einer Leistungsspirale – je mehr Arbeitnehmer ihre Leistungsbereitschaft künstlich steigerten, desto größer werde schließlich der Erwartungsdruck für alle Angestellten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte bereits Anfang des Jahres vor einem neuen Leistungswahn gewarnt. So würden immer mehr Arbeitnehmer auch krank zur Arbeit erscheinen. Dies geschehe aus Sorge, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Um nicht negativ aufzufallen, werde mit Aufputschmitteln der Zustand künstlich aufgebessert. Mit kurzer Wirkung – Krankheiten lassen sich nicht „wegzappen“ sondern lediglich verschleppen.
Deutsches Ärzteblatt: Gehirndoping: Psychotherapeuten warnen