PJ-Umfrage 2009: Nostalgische Gedanken

Elf Jahre liegt mein persönliches Praktisches Jahr mittlerweile zurück. So lange ist das her? Ich kann mich fast gar nicht mehr an diese Zeit erinnern, habe wohl vollkommen verdrängt, wie ärgerlich und erschöpft ich oft abends nach Hause kam – nicht etwa, nachdem ich von der Station kam.

Von Station aus, ging es erst einmal zur Arbeit, denn, man mag es kaum glauben, selbst Medizinstudenten haben neben der möglicherweise von den Eltern finanzierten Miete und Lebensunterhalt weitere Bedürfnisse, und sei es nur ein schönes Fachbuch, in das man sich nun mal verguckt hat. Gerade in der Radiologie, meinem damaligen Lieblings- und Wahlfach, können sehr schnell mehrere hundert Euro (damals noch Mark) dabei draufgehen.

 

Also hieß es für mich regelmäßig nach einem anstrengenden Arbeitstag: Ab zur Arbeit!

Ihr erkennt schnell: Mich hat es frustriert, kostenlos zum Teil alleine die Station zu schmeißen. Meine Frustration teilen heute aber nicht alle Studenten. Das ergab die PJ-Umfrage 2009, an der über 700 gegenwärtige und ehemalige PJ-Studenten teilgenommen haben. Ein Aspekt, den ich damals gar nicht bedacht hatte: Wer kein Geld für seine Arbeit bekommt, kann sich eher gegen die bestehenden Bedingungen wehren, zum Beispiel indem er pünktlich nach Hause – äh, zur Arbeit geht. So schlau war ich nicht, stattdessen gehörte ich in der Regel zu den Letzten, die die Station verließen.

Heute erhalten zumindest einige Studenten in Deutschland eine Aufwandsentschädigung für ihre Arbeit im Krankenhaus. Doch meist handelt es sich nur um ein paar hundert Euro. Wer Pech hat, bekommt noch nicht einmal die Kleidung gestellt, wie aus einem der zahlreichen Kommentare in der Umfrage hervorgeht.

Doch ich möchte gar nicht herummeckern. Insgesamt hat die PJ-Umfrage durchaus recht erfreuliche Ergebnisse ergeben: 64% geben dem jeweils bewerteten Tertial eine gute oder sehr gute Note, gerade die viel gescholtene Chirurgie konnte sich in der Gesamtnote verbessern. Ein Studierender schreibt gar: “Meiner Meinung nach war das PJ das Beste am ganzen Studium! Das PJ sollte länger dauern, zwölf Monate finde ich zu kurz.”

Bei aller berechtigter Kritik sollten wir vielleicht sehen, dass das Praktische Jahr dem Studenten ermöglicht, die Arbeit in der Klinik mit all seinen Facetten kennenzulernen, und zwar viel intensiver, als dies im Pflegepraktikum und in den Famulaturen möglich war. Ihr wisst viel mehr, die Praktikumsdauer ist viel länger und ihr werdet von den Kollegen und den Patienten gleich viel mehr wertgeschätzt aufgrund der Erfahrungen, die ihr im Laufe des Studiums gesammelt habt.

Selbst das Hakenhalten im OP hat seinen Wert: Ich litt damals regelmäßig unter tierischen Rückenschmerzen, die Arme verkrampften fast, und mein niedriger Blutdruck entführte mich so manches mal fast in den Kollaps. Doch heute weiß ich die Zeit zu schätzen. Man lernt nämlich sehr wohl auch durch Zuschauen und kleinste Handgriffe.

Ihr steht zwar am Ende des Studiums, aber trotzdem ganz am Anfang der ärztlichen Karriere. Natürlich macht es Spaß, bei einem Aortenaneurysma mal selbst Hand anzulegen; aber wenn ich mir vorstelle, mein Vater, Opa, Bruder oder irgendein anderer Angehöriger läge auf dem OP-Tisch, dann würde ich es auch nicht allzu gerne sehen, wenn ein Student, der den Eingriff vielleicht bislang ein- oder zweimal gesehen hat, gleich die Nähte an der Prothese setzt. Natürlich sehe ich, dass wir hier beim altbekannten Problem sind: „Klar müssen auch junge Piloten das Fliegen üben, aber bitte doch nicht, wenn ich gerade im Flugzeug sitze!“ Die alte Zwickmühle, die ich als PJlerin nicht so richtig wahrgenommen habe.

Genug der nostalgischen Gedanken. Zu den Ergebnissen der PJ-Umfrage kommt Ihr über diesen Link:

http://www.thieme.de/viamedici/medizinstudium/pj/umfrage09.html

Ein schönes Wochenende – und erholt euch gut!

Melanie

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