Was soll ich hier im Krankenhaus?

Da ist sie also.
Wieder einmal. Ganz verängstigt schaut sie in die Wäsche.
Die Rotgewandeten Herren vom Rettungsdienst haben sie vor zehn Minuten abgeladen und sind längst wieder zur Tür heraus. Und jetzt liegt sie da auf ihrer Trage in der Notaufnahme, bedeckt von einem dünnen Tuch, zitternd und völlig verstört.
Krause, Emilie, zweiundneunzig Jahre alt, Diagnose: Verdacht auf akutes Koronarsyndrom.
„Ich wollte doch gar nicht ins Krankenhaus!“ murmelt sie, aber niemand hört es. Oder niemand will es hören.
„Schönen guten Abend, was führt Sie zu uns?“ fragt der diensthabende Kollege.
Frau Krause schaut ihn an und schüttelt den Kopf.
„Lassen Sie mich heim!“
„Das geht leider nicht. Sie sind krank. Wir wollen Ihnen doch helfen!“
Frau Krause hat eine ziemlich dicke Akte bei uns. Bekannte KHK, mehrere Infarkte, der letzte liegt gerade mal ein knappes Jahr zurück. Und heute Nachmittag, so gegen fünf Uhr hatte sie wieder einmal Schmerzen in der linken Brust, die auch nicht weggingen nachdem sie ein Glas kaltes Wasser getrunken hatte. Also rief sie die Nachbarin. Die Nachbarin rief den Doktor, und der Doktor sagte, sie solle sofort einen Krankenwagen rufen. Aber Frau Krause wollte doch nicht ins Krankenhaus. Sie wollte nur eine Herztablette. Also ist der Herr Doktor doch rausgekommen, ohne Blaulicht und Tatütata, aber eine Herztablette hat er ihr nicht mitgebracht. Stattdessen hat er ein ernstes Gesicht gemacht und gesagt, sie solle schleunigst ins Krankenhaus, am besten sofort, mit Blaulicht und Tatütata. Aber sie wollte nicht. Der Doktor musste wieder zurück in die Praxis, aber die Herzschmerzen gingen nicht weg. Die Nachbarin hat Frau Krauses Sohn angerufen, aber der hatte Nachtschicht und konnte nicht vorbeikommen. Also hat sie nochmal beim Doktor angerufen, aber inzwischen war es sieben Uhr und die Praxis war zu und die Leute vom Notdienst haben nicht lange herumdiskutiert und einfach einen Krankenwagen geschickt anstatt einen Doktor mit Herztablette.
Und so ist Frau Krause dann doch hier gelandet, obwohl sie eigentlich gar nicht wollte.
„Schickt mich doch heim sagt sie!“
Der Kollege überhört das.
„So, ich hänge Ihnen jetzt eine Infusion an,“ sagt er, „dann geht es Ihnen gleich besser. Wir wollen Ihnen doch helfen, Frau Krause, damit Sie gesund werden!“

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