Harlan Krumholz, prominenter Kardiologe der Yale University, nach der Veröffentlichung der jüngsten Studie zum Cholesterinsenker
Ezetimib (Inegy®/Ezetrol®, in den USA Vytorin®/Zetia®), die wie alle vorangehenden Studien keinerlei klinischen Nutzen des Medikaments ergeben und darüberhinaus zusätzliche Zweifel an der Sicherheit des Präparats geweckt hat.
Related Posts
Ist Novartis ein Forschungsunternehmen oder eine Marketingmaschine? (Geschäftsbericht 2011)
Wieviel wurde 2011 in Forschung investiert? Wieviel wurde 2011 für die Verkaufsförderung (Marketing) ausgegeben?
Gemeinhin präsentieren sich Pharmaunternehmen als Forschungsunternehmen. Und die Öffentlichkeit nimmt diese auch so wahr. Doch stimmt dieses Bild?
Als börsengehandeltes Unternehmen ist Novartis zur Veröffentlichung des Geschäftsberichtes verpflichtet und dort können die entsprechenden Zahlen gesucht werden.
Novartis | CC BY-NC-ND DP
Gemäss dem Novartis Geschäftsbericht 2011 (PDF) auf Seite 169 hat Novartis 2011 für Forschung den grossen Betrag von 9.5 Mrd. USD ausgegeben. Gleichzeitig wurde jedoch für das Marketing über 15 Mrd. USD ausgegeben! Das sind über 57% mehr fürs Marketing!
Im Jahre 2010 hat Novartis 9 Mrd. für die Forschung ausgegeben und 13.3 Mrd. für das Marketing. Das ergibt 47% mehr Ausgaben fürs Marketing als für die Forschung!
Und im Jahre 2009 hat Novartis 7.5 Mrd. für die Forschung ausgegeben und 12 Mrd. für das Marketing. Das ergibt 60% mehr Ausgaben fürs Marketing als für die Forschung!
Für das am 31. Dez. 2011 endende Geschäftsjahr Mio. USD | Für das am 31. Dez. 2010 endende Geschäftsjahr Mio. USD | Veränderung in USD % | |
---|---|---|---|
Nettoumsatz | 58566 | 50624 | 16 |
Andere Erlöse | 809 | 937 | -14 |
Herstellungskosten der verkauften Produkte | -18983 | -14488 | 31 |
Marketing & Verkauf | -15079 | -13316 | 13 |
Forschung & Entwicklung | -9583 | -9070 | 6 |
Administration & allgemeine Kosten | -2970 | -2481 | 20 |
Übrige Erträge | 1354 | 1234 | 10 |
Übrige Aufwendungen | -3116 | -1914 | 63 |
Operatives Ergebnis | 10998 | 11526 | -5 |
Ertrag aus assoziierten Gesellschaften | 528 | 804 | -34 |
Finanzertrag | -2 | 64 | -103 |
Zinsaufwand | -751 | -692 | 9 |
Gewinn vor Steuern | 10773 | 11702 | -8 |
Steuern | -1528 | -1733 | -12 |
Reingewinn | 9245 | 9969 | -7 |
Operative Kennzahl von Novartis für die Jahre 2011 und 2010. Quelle: Novartis Geschäftsbericht 2011, Seite 169.
Aber wird Novartis bei der Entwicklung von neuen patentgeschützten Medikamenten (Innovationen) mehr für die Forschung ausgeben?
Fehlanzeige.
Im Geschäftsbericht sind auf Seite 218 und 219 die Ausgaben nach den Sparten aufgeschlüsselt. Schauen wir den Hauptbereich von Novartis an, die Entwicklung von neuen Medikamenten (Pharmaceuticals). Dort hat Novartis 2011 7 Mrd. USD für die Forschung und 8.9 Mrd fürs Marketing ausgegeben. Das macht fast einen Viertel (23%) mehr für das Marketing als für die Forschung. Im Jahre 2010 investierte Novartis 7.2 Mrd. USD in die Forschung und gab 8.9 Mrd. USD für die Verkaufsförderung aus. Und im Jahre 2009 investierte Novartis 5.8 Mrd. USD in die Forschung und gab 8.4 Mrd. USD für die Verkaufsförderung aus. Das macht geschlagene 43% mehr Aufwände fürs Marketing.
Nur in der Sparte Vaccines and Diagnostics (Impfstoffe und Diagnostik) hat Novartis mehr für die Forschung als für das Marketing ausgegeben. Dies ist aber eine relativ kleine Sparte.
Sparte | Forschung & Entwicklung (Mio. USD) | Marketing & Verkauf (Mio. USD) | Mehrausgaben Marketing % | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | 2011 | 2010 | 2011 | 2010 | 2011 | 2010 |
Pharmaceuticals | 7232 | 7276 | 8929 | 8663 | 23% | 19% |
Vaccines and Diagnostics | 523 | 523 | 363 | 338 | -31% | -35% |
Sandoz | 640 | 658 | 1591 | 1450 | 149% | 120% |
Consumer Health | 296 | 261 | 1674 | 1569 | 466% | 501% |
Alcon, Inc. | 892 | 352 | 2537 | 1299 | 184% | 269% |
Total Konzern | 9583 | 9070 | 15079 | 13316 | 57% | 47% |
Forschungs- und Marketingausgaben der Jahre 2011 und 2010 aufgeschlüsselt nach Konzernsparten von Novartis. Quelle: Novartis Geschäftsbericht 2011, Seite 218 und 219.
Warum muss Novartis für seine Medikamente soviel Marketing machen? Gute Produkte kommen ohne Werbung aus. Gute Produkte sprechen sich herum. Hat schon jemand Werbung für Google gesehen?
Im Bereich Pharmaceuticals ist es umso verwunderlicher, als dort die Staaten Novartis ein Monopol in Form von Patenten garantieren. Novartis kann die Medikamente ohne Konkurrenz verkaufen.
Die Zahlen haben sich im Vergleich zur letzten Auswertung des Geschäftsberichtes 2010 nicht wesentlich verändert.
Zum Schluss stellt sich die Frage, was Novartis eigentlich mit 15 Mrd. USD Marketing Budget macht.
Damit könnte zum Beispiel allen Einwohnern der Stadt Bern ein Jahreslohn von 100‘000 USD gezahlt werden. Die Kinder eingeschlossen. Für eine fünfköpfige Familie ergäbe das eine halbe Mio. USD pro Jahr.
Was macht Novartis mit dem 15‘079‘000‘000 USD Marketing Budget?
EPFL bestellt Online-Ausgabe von Science ab – nicht vertretbare Kostenerhöhung
Ab 2015 haben die Forschenden der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) keinen komfortablen Online-Zugriff mehr auf die renommierten Science-Zeitschriften:
- Science Online,
- Science Signaling,
- Science Express und
- Science Translational Medicine.
Die Universitätsbibliothek der EPFL schreibt:
Science AAAS publisher, is taking advantage of its dominant position and trying to impose not only an unjustified price increase, but also new contract terms, which are very restrictive and as a result unacceptable for us.
Der Science AAAS Verlag nützt seine dominante Stellung aus und versucht nicht nur eine ungerechtfertige Preiserhöhung, sondern auch neue Vertragsbedingungen durchzusetzen, welche sehr restriktiv und als Konsequenz inakzeptabel sind. [Eigene Übersetzung]
Die EPFL ist keine kleine Provinzuniversität, sondern gehört als zweite eidgenössische technische Hochschule zu den besten europäischen Universitäten.
Die Forschenden in der Schweiz gehen davon aus, dass die Fachzeitschriften (Journals) einfach vorhanden sind wie sauberes Trinkwasser. Die Beispiele der EPFL und auch der Uni Konstanz zeigen, dass dies leider nicht mehr immer der Fall ist.
Einige Journals wie jene von Science werden in der Forschungsgemeinschaft als unentbehrlich angesehen. Bisher kam keine Universitätsbibliothek darum herum diese renommierten Fachzeitschriften zu abonnieren. Der Markt kann nicht spielen. Der Wettbewerb kann nicht für angemessene Preise sorgen. Diese Position haben auch die Wissenschaftsverlage erkannt und erhöhen in regelmässigen Abständen die Preise – bis in astronomische Höhen. Verlage wie Elsevier erzielen mittlerweile Margen, die sogar jene der Pharmaindustrie übertreffen und deutlich höher sind als jene der Schweizer Grossbanken.
Open Access ist ein Mittel um die Marktmacht der dominanten Verlage zu brechen. Da die Kosten nicht mehr von den Lesern, sondern beim Veröffentlichen bezahlt werden. Der Markt kann spielen. Die Forschenden suchen sich eine passende Fachzeitschrift für ihre Arbeit aus – bei der das Ansehen, die Qualität und die Kosten stimmen.
Das deutliche Zeichen der EPFL sensibilisiert vielleicht die Schweizer Forschungsgemeinschaft und könnte zu einer grösseren Akzeptanz von Open Access bei den Forschern führen.
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF), die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), die Universitäten haben für eine offene Wissenschaft und gegen missbräuchliche Kostensteigerungen zu Open Access bekannt und Open Access als notwendiges Ziel erklärt.
Fazit
Das Ausnutzen der monopolartigen Stellung der renommierten Fachzeitschriften scheint immer unerträglicher zu werden, wenn sogar die EPFL den Zugriff auf angesehene Fachzeitschriften aus Kostengründen einstellen muss. Open Access wird nicht zum Selbstzweck gefordert, sondern um Marktprobleme zu beheben und die Zugänglichkeit für alle zu ermöglichen. Open Access ist ein einfaches Mittel um das Problem der unkontrollierbaren Kosten der renommierten Fachzeitschriften zu lösen.
via EPFL verzichtet auf online Ausgabe von Science
Nachtrag
[Aktualisierung 03.02.2015: Universität Leipzig bricht Verhandlungen mit Elsevier ab, 03.02.2015. Pressemeldung: „Wir sahen uns zum wiederholten Male damit konfrontiert, dass eine Reduzierung des Angebots mit einer deutlichen Preissteigerung einhergehen sollte. Dieser aggressiven Preispolitik können und wollen wir nicht mehr folgen. Und unsere Bereitschaft, über alternative Lizenzmodelle ins Gespräch zu kommen, stieß nicht auf positive Resonanz. Wir sehen nunmehr keine andere Möglichkeit als den Abbruch der Verhandlungen.“]
Wenn der Apotheker schmollt
Apotheker sind informationsbereit “Sie kennen das Medikament?”, “Sie wissen, wie man es anwendet?“: in Apotheken gehört es “zum guten Ton” und ist inzwischen Standard, Kunden als Service Informationen zu ihren Arzneimitteln – ob nun verschrieben oder frei gekauft – anzubieten. Sie leisten damit eine sehr gute und vor allem notwendige Aufklärung, da nur wenige Ärzte […]