Es weihnachtet immer brutaler: Am Adventskranz im Schwesternzimmer brennen inzwischen alle vier Kerzen und der Weihnachtsbaumverkäufer gegenüber vom Krankenhausparkplatz macht Bombenumsätze. Gestern habe ich mich ausschließlich von Kaffee und Weihnachtskeksen ernährt, so dass mir abends kotzübel war. Dieser Süßkram steht halt buchstäblich überall herum während die Kantine immer gerade geschlossen hatte, als ich vor der Türe stand. Sogar der Kiosk in der Eingangshalle konnte mir nichts halbwegs Gesundes zu Essen verkaufen, und so blieb es also bei Kaffee mit Keksen und abwechselnd Kekse mit Kaffee. Bei der Visite habe ich es geschafft, die Station weitgehend leer zu kriegen, nur noch eine kleine Restpatientenbesatzung ist übrig geblieben und ein paar von denen werden morgen früh die Biege machen.
Nun denn…
Da geht mein Piepser. Notaufnahme, wir haben einen Zugang.
Und wer mag das wohl sein?
Na, wer wohl!
Einen langen weißen Bart hat er und einen Mantel, der wohl mal dunkelrot gewesen ist und auf dem Kopf träght er eine knallrote Zipfelmütze mit weißem Saum und weißem Bommel.
„Hab ich vom Weihnachtsmarkt, Doc!“ ruft er mir über den Gang entgegen.
Er liegt auf einer Trage und strahlt mich an. Die beiden Jungs vom Rettungsdienst füllen noch die Formulare aus.
„Herzlich Willkommen, Franze!“ sage ich und drücke seine Hand – nicht ohne mir vorher einen Gummihandschuh übergezogen zu haben denn Fusel-Franze verbreitet auch am Tag vor dem Heiligen Abend sein gewohntes Aroma.
Und sein Auftritt vor Weihnachten ist so sicher wie das „Stille-Nacht“ in der Christmette.
Und ich freue mich wirklich, ihn wiederzusehen. Denn an Heiligabend gehört er einfach zum Inventar.
In Holland feiert man die Ankunft des Nikolaus als Weihnachtsboten – bei uns in Bad Dingenskirchen ist es Fusel-Franze.
Wenn Fusel-Franze da ist, dann ist Weihnachten nicht mehr weit!