Dass Harald Schmidt heute aus dem Zug gestiegen ist, ist an sich ja noch keine Meldung. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, WO er aus dem Zug gestiegen ist und MIT WEM? Ob ihr’s glaubt oder nicht, er ist in Esslingen aus dem Regionalzug gestiegen, und zwar mit mir. Jetzt seid ihr baff, oder?
Allerdings weiß er nicht, dass er mit mir aus dem Zug gestiegen ist, denn nur ich habe ihn erkannt, er mich nicht
Nun bin ich allerdings kein ausgewiesener Harald Schmidt-Fan, wenn Schmidt & Pocher lief oder aktuell die Late Night, liege ich meist schon in der Falle (immerhin muss ich um 6 Uhr aufstehen JEDEN MORGEN….). Aber da liegt dann auch schon das Problem. Hätte ich die letzte Sendung nicht verpasst, dann hätte ich wenigstens einen sachlichen Grund gehabt, ihn anzusprechen. “Also Herr Schmidt, wie haben Sie das gemeint am 17.12. in Ihrer letzten Sendung?” Alternativ hätte ich natürlich auch fragen können: “Na, Herr Schmidt, besuchen Sie den Esslinger Weihnachtsmarkt?”
So ging er lässig vor mir her, in perfekt geschnittenem hellgrauen Mantel und Jeans, einen Kopf größer als die Durchschnittsbevölkerung. Große Menschen haben es leichter im Berufsleben, habe ich mir dann überlegt. Man traut ihnen mehr zu. Ähnlich ist es mit schönen Menschen (was jetzt nichts mit dem vorigen Thema zu tun hat) Man sollte einmal untersuchen, ob mehr große Ärzte und Ärztinnen leitende Positionen inne haben als kleine. Oder wie kleine Ärzte ihre mangelnde Körpergröße ausgleichen – durch mehr Kompetenz, Witz, Autorität?
Ob Harald Schmidt erfreut war, am hellichten Morgen zwei Tage vor Weihnachten unbehelligt in Esslingen durch die Bahhofsunterführung gehen zu können oder ob er sich gefragt hat, wo denn die Autogrammjäger bleiben? Eine ist ja hinter ihm hergeschlichen, aber wie ich vorhin schon erwähnt habe, es hat am Einstiegsthema gefehlt!
Ich tendiere ja zur ersten Variante. Zum Weihnachtsmarkt ist er nicht gegangen, das hätte dann vielleicht doch einen Volksauflauf gegeben, sondern er ist in ein Taxi gestiegen und weg war er.
Und ich habe nicht nach einem Autogramm gefragt. Aber da stehe ich drüber – was ist das schon, so ein Autogramm? Ein Zettel mit ein paar Buchstaben, den man heute seinen Kindern (”Mama, warum hast du ihn nicht angesprochen?”) und morgen seinen Enkeln zeigt und eine schöne Geschichte dazu erzählen kann.
Ich habe so eine Geschichte – und ein Autogramm! Das Autogramm ist von Helga Feddersen, die ihr sicher nicht mehr kennt. Ich müsste mal suchen, wo der Zettel lagert … getroffen haben wir, meine Freundin und ich, Helga Feddersen in Rom. Wir befanden uns auf Klassenfahrt, saßen am Rande einer Piazza und schauten aus der Ferne einer Kutsche zu, die vor- und wieder zurück fuhr. “Das ist ja Helga Feddersen”, schrie meine Freundin und rannte auf die Kutsche zu. Ich folgte ihr zögerlich und etwas peinlich berührt. Doch die Komödiantin zeigte sich aufrichtig erfreut, zwei Mädels aus Deutschland zu treffen und schrieb uns eine nette Widmung auf unsere hastig hervorgekramten Notizzettel. Die Krönung kommt jetzt aber noch: Monate später schalte ich zuhause den Fernseher an – damals eine eher seltene Tätigkeit, durfte ich doch nur einmal in der Woche fernsehen. Da flimmert ein Werbespot der Glücksspirale über die Mattscheibe, mit einer Kutsche, in der Helga Feddersen sitzt. Über die Kutsche hinweg sieht man am anderen Ende der Piazza zwei kleine Gestalten sitzen – meine Freundin und mich!
So viel zu meiner kurze Fernsehkarriere. Aber zurück zu meiner heutigen Begegnung: Herr Schmidt, falls Sie diesen Beitrag einmal lesen sollten und sich fragen, mit WEM SIE heute aus dem Zug gestiegen sind … das war die Frau mit der Durchschnittsgröße 1,67, die Sie am Ausgang des Regionalzuges ungefähr eine 3/5 Sekunde angesehen haben. Die mit dem schwarzen Mantel und dem roten Schal.
(Uli)