Früher einmal war Schwester Anneliese eine ganz normale Krankenschwester. Sie hat gemacht, was alle anderen Krankenschwestern auch tun: ein bisschen Leben retten, ein bisschen Hintern abwischen, ein bisschen Kaffeekochen und so weiter.
Ja, und dann bekam sie es mit dem Rücken. Sagte sie. Sie nahm sich… ähem, sie wurde krank, sammelte Fehlzeiten an, fuhr auf Kur und wenn sie zwischendurch mal auf Station aufkreuzte, setzte sie eine Leidensmine auf. Dabei war sie längst nicht so alt, wie sie aussah. Auch wenn sie Anneliese hieß (und immer noch heißt).
Kurz und gut: Sie gab sich alle Mühe, auf eine Frührente mit fünfunddreißig hin zu arbeiten, als sich ihr Leben plötzlich änderte.
Man bot ihr einen Job an.
Nicht irgendeinen. Es war der Job ihres Lebens. Der Job, welcher ihr die Chance gab, sich nie mehr in die Nähe eines Patienten begeben zu müssen und gleichzeitig eine Machtfülle zu genießen, welche kaum ihresgleichen hat.
Anneliese wurde unsere QMB.
Kuh-Emm-Beh.
Die Qualitäts-Management-Beauftragte.
Mit Feuereifer machte sie sich ans Werk – und uns allen das Leben schwer.
In der nach unten offenen Beliebtheitsskala rangiert sie irgendwo in der Nähe einer Chefpolitesse, Steuerfahnderin oder Rundfunkgebühreneintreiberin, aber das stört sie nicht.
Mit schöner Regelmäßigkeit bringt sie ihre Erlasse und Rundschreiben heraus.
Da steht zum Beispiel drin, dass man sich zu Schweinegrippezeiten regelmäßig die Hände desinfizieren muss, und wer das nicht tut, der wird geteert und gefedert.
Mag Letzteres noch irgendwo verständlich sein – Hygiene sollte schließlich in unserem Job eine Selbstverständlichkeit sein – sind manch andere Ergüsse preisverdächtig für den Kafka-Award. Mehr Bürokratie wagen. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.
Weshalb ich das jetzt hier erwähne?
Nun ja, sie war schon wieder aktiv…