Es ist wieder mal Montag.
Und ich habe verpennt. Raketengleich senkrecht aus dem Bett geschossen, Turbo-Dusche, rein in die Klamotten, Frühstück muß ausfallen und – nur wenige Minuten verspätet bin ich auf Station.
Blut abnehmen.
Beim Anblick der zahlreichen Blutröhrchen wird mir schlecht. Habe ich das alles selbst angesetzt? Oder hat der Chef am Wochenende heimlich Visite gemacht?
Noch eine Viertelstunde bis zur Frühbesprechung. Los gehts. Zimmer drei. Wie heißt der Patient?
Ich schaue aufs Röhrchen-Etikett.
„Schönen guten Morgen, Herr Meier?“
Keine Antwort.
Ich schaue auf das Namensschild am Fußende des ersten Patientenbetts. Da steht nicht Meier. Da steht gar kein Name.
Neben dem zweiten und dritten Bett sitzen Gestalten auf dem Kackstuhl.
„Herr Meier?“
Keine Reaktion.
Her Meier muss der Mann im Bett am Fenster sein!
„Darf ich Ihnen Blut abnehmen?“
Keine Reaktion.
Ich greife den Arm.
„ich muss Ihnen mal Blut abnehmen, okay?“
Keine Reaktion. Ich lege den Stauschlauch an. Er zuckt den Arm nicht zurück. Aber drankommen an den Arm tu ich nicht so richtig. Immerhin entdecke ich eine Vene. Steche zu, kriege mein Blut, ziehe die Nadel wieder raus. Und noch einen Tupfer draufdrücken.
„So, und jetzt bitte selber noch eine Minute lang draufdrücken, Herr Meier!“
Macht er natürlich nicht. Ist ja dement.
Ich nehme die andere Hand des Patienten und drücke sie auf den Tupfer mit der Stichwunde drunter. Der Tupfer ist schon mit Blut vollgesabbert. Ich nehme einen neuen Tupfer.
Scheiße, ich habe mal wieder kein Pflaster dabei.
„Bitte weiter feste draufdrücken!“
Der Patient läßt die Hand los, das Blut tropft auf den Boden.
Scheiße, Scheiße, schnell weg hier.
Noch fünf Minuten bis zur Frühbesprechung und ich habe noch mindestens fünf weitere Blutentnahmen….