Das Kreuz mit dem Kreuz – die Wunderspritze
Gerade lese ich wieder bei Schwester Trauma, wie sie mit akuten Rückenschmerzen zu kämpfen hat und letztlich vom Arzt ihres Vertrauens sofort die “Schmerzspritze” mit Diclofenac und Dexamethason intramuskulär verabreicht bekommt.
Sie beschreibt selbst, dass er dabei “die Einwirkzeit vom Desinfektionsmittel nicht beachtete” und sie “ein bisschen zu viel über die Komplikationen von i.m.-Injektionen nachdachte…” – da frage ich mich: warum läßt sie sich dann diese Injektion geben?
Medizinisch höchst zweifelhaft
Dabei ist die intramuskuläre Verabreichung von Diclofenac+Dexamethason zumindest in diesem Fall medizinischer Schwachsinn. Letztlich aber ein Zugeständnis an die Mehrheit der Patienten die immer noch glauben eine “Spritze” sei ein Wundermittel.
Ich kenne das vom Notdienst (den ich ja diese Woche wieder habe): “Herr Doktor, vom Hausarzt bekomme ich immer eine Spritze und die hilft sooo gut” –
Dann lass ich mich erweichen und quaddle allenfalls schmerzhafte Triggerpunkte. Denn ich weiß genau: bekommt der Patient kein Spritzerl, dann wird er mich um 2 Uhr nachts aus dem Bett holen und mir sein Leid klagen, weil ich doch nur Tabletten und keine Wunderspritze gegeben hatte.
Nun zur medizinischen Begründung meiner Verurteilung dieser Spritze:
1) Es gibt keinerlei Vorteile der intramuskulären Gabe im Vergleich zur oralen Gabe (außer den besseren Placeboeffekt – das kann man aber kompensieren, wenn man die Tabletten als superwirksam, superstark, … anpreist)
2) Wie Schwester Trauma schon richtig bemerkte, gibt es lokale Infektionen bis hin zum fiesen Spritzenabszess mit Ischiadicusschaden und schweren Beinlähmungen nebst Schmerzen.
3) Auch eine direkte Schädigung des N. ischiadicus kommt, wenn auch extrem selten, vor.
4) Das Hauptargument:
Nach parenteraler Verabreichung von Diclofenac sind schwere allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock beschrieben worden, weshalb eine Beobachtungszeit von mindestens einer Stunde in der Praxis vorgeschrieben ist. (siehe z.B. Hinweis der Ärztekammer Schleswig Holstein)
Fazit:
Deshalb bei “normalem Hexenschuss” ohne neurologische Ausfälle oder Schmerzen im Bein: Wärme, Analgetika oral, Muskelrelaxantien, ggf. auch niedrigpotente Opioide! Und natürlich physiotherapeutische Maßnahmen.
Posted in Praxislust – Praxisfrust (Alltag) Tagged: Diclofenac, Hexenschuss, intramuskulär, Nebenwirkungen, Rückenschmerzen