Mediziner und das Internet

Okay,ich gebe es zu, ich bin Internet-Junkie. Jeden Tag muss sein, zur Not erledigt das mein Handy. Immer wieder erstaunt bin ich, wie wenig ein Großteil meiner lieben Kollegen damit anfangen kann.

Da gibt es Eine, die bis vor kurzem nicht einmal einen eigenen PC ihr Eigen nennen konnte, jetzt gab es endlich ein Notebook zu Weihnachten. Was sie nun damit macht? „Vorträge vorbereiten.“ Aha, also für den einen Vortrag im Jahr… Internet? Nö, braucht sie nicht. Ich mag es mir gar nicht mehr vorstellen, wie es ist, jede Überweisung einzeln zur Bank zu tragen, bei der Bahn über die Hotline die Zugverbindungen zu erfragen oder stundenlang am Bahnhof in der Schlange zu stehen, um dann dafür noch eine Servicegebühr zu zahlen. Oder mir im Elektromarkt völlig blind vom Verkäufer irgendeinen Fernseher aufschwatzen zu lassen ohne mich vorher nicht ein bisschen zu informieren. Für jede Kinokarte müsste ich eine Hotline bemühen, dabei hasse ich Hotlines.

Wieder eine andere: „Im Internet würde ich nie Dinge bestellen, das ist viel zu unsicher.“ Genau. Und all die Abermillionen Leute, die es doch tun, werden regelmäßig über den Tisch gezogen, oder wie? Natürlich bestelle ich auch nicht beim dubiosen Online-Shop aus Osteuropa, der ein täglich wechselndes Sortiment aus Einzelstücken zu 90% reduziert anbietet, aber allein ein Großteil meiner Weihnachtsgeschenke bringt jedes Jahr der Postbote. Und ich bin noch nie über den Tisch gezogen worden und habe im Gegenteil durch die Online-Bestellungen oft viel Geld gespart.

Der nächste sagt: „Internet ist doch die reinste Zeitverschwendung.“ – Darauf fragte ich ihn: „Was machst Du denn so den ganzen Tag?“ – Antwort „DVDs gucken.“ Genau. DAS Internet (pauschaler geht’s nicht) ist Zeitverschwendung – und die DVDs? Das fällt wohl dann unter Kultur! Ich verweise hier noch mal auf die ganzen Hotlines und Warteschlangen, die man sich durch Online-Informationsbeschaffung ersparen kann und kann behaupten: das Internet hat mir schon viel Zeit gespart. Verschwendet sicher auch, aber nicht mehr als hätte ich stundenlang eine DVD nach der anderen gesehen. Und ja, ich habe genügend soziale Kontakte. Und erstaunlicherweise finde ich eigentlich nur unter den Medizinerkollegen und –freunden solche – nennen wir es vorsichtig Web-Verweigerer. Woran liegt das?

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