Ein düsterer Flur. Das Wohnzimmer eng, vollgestellt. Jahrzehntealter Zigarettenrauch. Im Schummerlicht ein Mann auf dem Ledersofa. Couchtisch mit Blutdruckmessgerät, Blutzuckermessgerät und vollem Aschenbecher. Er klagt über Schwindel, Schwäche, Sausen in den Ohren. Kein Wunder; Bluthochdruck? Diabetes? Die Frau fängt an, alle Medikamente einzusammeln, die er nimmt. Ja, alle. Bitte. Insulin, Delix…
Er ist schwach, schwankt im Sitzen, nuschelt ein bisschen. BZ 220, Puls 120, Blutdruck 80, palpatorisch. Aha, das ist wenig. Haut nicht überwärmt aber feucht, schweissig. Kein Fieber also. Die Blutdrucktablette heute nicht eingenommen. Woher also, fragt der Arzt, der niedrige Blutdruck?
Die gerahmten Photos an der Wand zeigen ihn und die Frau. Er wirkt dort 20 Jahre jünger, sie dagegen nicht. Es geht ihm nicht gut. Blass ist er. Erzählt jetzt kreuz und quer von früheren Operationen, verschiedenen Ärzten, wer bei wem in der Praxis, die Rückenschmerzen… Die Frau auch…
Rückenschmerzen, Schmerzmittel, vielleicht auch schwarzer Stuhlgang? Blutverlust?
Ja, und schon seit Tagen.
Jetzt schnell: Rettungswagen rufen, Zugang legen, Scheine ausfüllen. Als die Rettungsassis eintreffen: Ringer anhängen. Alles passt: Blutung in den Magen-Darm-Trakt, vielleicht durch Togal. Die Blässe, der Schwindel beim Sitzen, die schnelle Verschlechterung, die Ernsthaftigkeit der Situation-
RR: 80/…, HF: 140, Sättigung: 99. Im Rettungswagen ist der Mann kurz nicht mehr ansprechbar. Dann steigt der Blutdruck unter HAES-Infusion.
Die kleine Frau in der Ambulanz ist wohl die Ärztin. Sie stellt sich nicht vor, als sie den Patienten übernimmt.