Zukunftsperspektiven – gibt’s welche?

Sarah rührt nachdenklich in ihrer Tasse.
Draußen tänzeln ein paar Schneeflocken und alles ist so richtig idyllisch Winterwunderlandmäßig weiß. Endlich haben wir es geschafft, uns mal auf einen Kaffee zu treffen, was wir uns schon seit Monaten vorgenommen haben (oder sollte ich besser sagen, was ich mir seit drei Monaten vorgenommen habe?).
Wir sitzen bei Gepetto. Gepetto kann sich nicht so recht entscheiden, ob sein Laden nun Pizzeria oder Café sein soll und im Sommer fungiert er außerdem noch als Eisdiele. Tatsache ist, dass es hier die beste Latte Macchiato in Bad Dingenskirchen gibt und ansonsten ist Gepetto halt einfach Gepetto.
„Ich weiß nicht wie das alles weitergehen soll…“ sagt Sarah.
Sie trinkt keine Latte Macchiato sondern heiße Schokolade mit Sahne.
„Wie meinst Du das?“
„Manchmal denke ich, ich hätte lieber etwas anderes studieren sollen…“
„Macht Dir der Job keinen Spaß“
„Na ja… eigentlich schon…“
„Aber?“
„Hat das denn Zukunft?“
„Aber selbstverständlich! Kranke Menschen wird es immer geben. Wir werden immer älter. Wir steuern auf einen Ärztemangel hin…“
„Das mit dem Ärztemangel ist doch Quatsch!“
„Warum?“
„In kaum einem Land gibt es pro Kopf der Bevölkerung so viele Ärzte wie in Deutschland!“
„Das mag richtig sein, aber viele von denen werden innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre in den Ruhestand treten, und das ist unsere Chance…“
Sarah lacht bitter.
„Hast Du da Chance gesagt? Klar: einen Job zu finden ist nicht das Problem. In Orten wie Bad Dingenskirchen brauchst Du ja nur den Mund aufzumachen und Du kriegst sofort einen Arbeitsvertrag. Aber mit welcher Perspektive? Ich will schließlich nicht mein Leben lang Assistenzärztin bleiben!“
„Vielleicht bist Du in fünf Jahren Oberärztin…“
„In fünf Jahren kann ich mich vielleicht zur Facharztprüfung anmelden. Wenn ich ganz viel Glück habe. Aber auch nur dann, wenn ich meinen Katalog zusammenkriege, auf Fortbildungen und Kurse gehe…“
„Nimm Dir ein Beispiel an unserem Kollegen Kalle…“
„Ja genau, schau Dir den doch an! Er ist Facharzt. Aber glaubst Du, man gibt ihm eine Oberarztstelle? Die halten ihn doch hin bis zum Sankt Nimmerleinstag!“
Ich schaue aus dem Fenster. Wo sie Recht hat, hat sie Recht, denke ich. Kalle wirkt in der letzten Zeit ziemlich frustriert, auch wenn man ihm das nicht anmerkt.
Sarah trinkt einen Schluck.
„Aber reden wir doch von angenehmeren Dingen,“ wechselt sie plötzlich das Thema, „bist Du glücklich mit ihr?“
Und jetzt werde ich plötzlich puterrot
.

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