Wenn Sie die Diagnose “Asperger Syndrom” erhalten haben, dann kennen Sie das vieleicht: Es setzt Sie unter Stress, mit anderen eng zusammen zu sein. Als Kind haben Sie sich in den Schulpausen gerne zurückgezogen. Laute Geräusche und starke Gerüche haben Sie stärker belästigt als andere Kinder. Vielleicht hatten Sie schon früh einen großen Wortschatz und haben mit Ihren Lehrern um das Wissen gewetteifert. Möglicherweise hatten und haben Sie auch ein außergewöhnliches Hobby. (Text: © Dunja Voos, Bild: © Willi Heidelbach, Pixelio)
Gerne ungestört
Kurzum: Sie fühlen sich manchmal als “Sonderling” und es geht Ihnen am besten, wenn Sie Ihren Beschäftigungen alleine nachkommen können. Vielleicht kommen Sie anderen manchmal zu nah, ohne es zu merken. Möglicherweise haben Sie auch nie besonders gerne Sport gemacht. Vielleicht wurde die Diagnose “Asperger-Syndrom” erst kürzlich gestellt.
Diagnose “Asperger-Syndrom” nimmt zu
Das Asperger-Syndrom wird immer häufiger diagnostiziert – sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Es ist der schizoiden Persönlichkeitsstörung sehr ähnlich, wobei Patienten mit Asperger-Syndrom häufig eine besondere Teilbegabung haben und sich speziell für ein Thema interessieren. Der Name geht zurück auf den Wiener Kinderarzt Hans Asperger (1906–1980), der in den 40iger Jahren feststellte, dass sich viele Kinder in einer Hinsicht ähneln: Sie haben schon früh einen reichen Wortschatz, bewegen sich ungeschickt, haben Schwierigkeiten mit anderen Kindern zu spielen und reagieren auf Außenreize sehr empfindlich. Sie halten nicht gerne Blickkontakt. Manche dieser Kinder litten im Kleinkindalter an Autismus, haben sich aber dann sehr gut weiter entwickelt. Diese Kinder erhalten oft auch die Diagnose “High-Functioning-Autismus” (HFA).
Die Bezeichnung “Asperger-Syndrom” ist relativ neu
Viele Wissenschaftler setzen die Diagnose “High-Functioning-Autismus” mit dem Asperger-Syndrom gleich. Asperger selbst wählte den Begriff “Autistische Psychopathie im Kindesalter”. Erst die britische Kinderärztin Lorna Wing verwendete im Jahr 1980 den Begriff “Asperger-Syndrom”. Offizielle Diagnosekriterien gibt es erst seit dem Jahr 1989. Doch auch andere Wissenschaftler hatten Kinder mit denselben Symptomen untersucht. Die russische Ärztin Dr. Ewa Sutscharewa bezeichnete diese Störung als “Schizoide Persönlichkeitsstörung” (SPS) (siehe auch Beitrag “Schizoide Neurose” in diesem Blog).
Mehrere Diagnosen sind möglich
Vielleicht haben Sie selbst die Diagnose “Asperger-Syndrom” erhalten und sind nun verwirrt, weil zuvor schon viele verschiedene Diagnosen gestellt wurden. Häufig erhalten Patienten mit Asperger-Syndrom auch die Diagnose “Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom” (ADHS), Zwangsstörung oder schizoide Persönlichkeitsstörung. Es ist gut möglich, dass alle diese Diagnosen stimmen. Die Diagnose hängt auch ab von dem Therapeuten, den Sie aufgesucht haben. Psychiater werden vielleicht eher die Diagnose “Asperger” stellen, Tiefenpsychologen vielleicht die Diagnose “Schizoide Persönlichkeitsstörung”. Es ist wichtig, sich nicht an den Diagnosenamen festzubeißen. Es handelt sich – genau wie bei der ADHS auch – um eine beschreibende Diagnose. Es wird also nur beschrieben, welche Symptome zusammenkommen. Die Ursachen können genauso vielfältig sein wie die Therapierichtungen, die Ihnen helfen können.
Es gibt verschiedene Diagnosekriterien
Diagnosekriterien zum Asperger-Syndrom gibt es beispielsweise bei der International Classification of Diseases (ICD) oder im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Diseases (DSM). Den Kriterien von Asperger selbst kommen die Kiterien von Christopher Gillberg sehr nahe (Diagnosekriterien nach Gillberg auf www.asperger-eltern.de).
Experten
Es gibt viele Experten zum Asperger-Syndrom &ndsash; besonders bekannt ist der australische Psychologe Tony Attwood. Sein Buch “Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom” ist sehr hilfreich. Ins Deutsche übersetzt wurde es von Rainer Döhle, der selbst betroffen ist und sich für Selbsthilfegruppen engagiert. Psychoanalytische Texte zu diesem Thema sind nicht immer leicht zu lesen. Sehr empfehlenswert ist dennoch die Doktorarbeit von Laura Strauß
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Schizoide Persönlichkeitsstörung
Buchtipps:
Links:
www.autismus-frueherkennung.de,
eine Website des Arztes Jochen Busse