Doping der Akademiker

Doping im Sport ist ja nichts Neues. Und Drogen auch nicht – zumindest bei den typischen Drogenabhängigen. Klischehafte Vorstellungen denken da noch an “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”…

Es hat sich irgendwie ein “Wandel” vollzogen. Und ich meine nicht die legalisierten Drogen Alkohol und Nikotin. Gerade das Thema Alkoholsucht ist traurig genug.

Während zahlreiche Menschen versuchen Ihrer Wirklichkeit zu entfliehen, versuchen andere den Ansprüchen einer vermeintlich “härteren” Arbeitswelt gerecht zu werden.

Erkenntnissen der DAK und der Unternehmensberatung Kienbaum zufolge nimmt die Bereitschaft von Managern und Leistungsträgern aus dem mittleren Management zu, zur Steigerung der Konzentration Medikamente einzunehmen. Meistens sind es die gut verdienenden Akademiker mit einem Jahresgehalt von über 200.000 Euro, die aus Versagensängsten zum Mittel des “Hirndoping” greifen. Doch auf lange Sicht machen die Medikamente krank, und das kann nicht im Sinne der Unternehmen sein.

Manager mit hoher Verantwortung arbeiten mehr als 60 Stunden in der Woche und sehen es als selbstverständlich an, auch am Wochenende noch im Dienste ihres Unternehmens tätig zu sein. Dieser chronische Stress, dem leitende Angestellte und Akademiker ausgesetzt sind, wird von diesen jedoch sogar noch als positiv empfunden. So entwickelt sich so mancher Angestellte zu einem ausgesprochenen „Extremjobber“, der keine Grenzen kennt und den drohenden Blackout noch nicht einmal wahrnimmt.

Leistung um jeden Preis heißt die Devise dieser Workaholics, von denen die Männer auf Präparate zurückgreifen, die die Konzentration fördern und die Frauen eher tendenziell Stimmungsaufheller einnehmen. Die schnelle Verfügbarkeit von Medikamenten über das Internet und aus dem Ausland lässt dabei einige verschreibungspflichtige Arzneimittel harmloser erscheinen als sie wirklich sind.

Zudem werden die Präparate gegen Demenz auch von Ärzten verschrieben, selbst wenn gar keine Diagnose vorliegt. Der Wirkstoff Piracetam etwa wirkt gegen organisch bedingte Leistungsstörungen. Ohne weiteres kritisches Hinterfragen erhalten Manager dieses Mittel gegen mangelnde Konzentration.

Den für gesunde Menschen gefährliche Betablocker Metoprolol, der Bluthochdruck- und Herzpatienten verschrieben wird, findet man ebenso in den Medikamentschränkchen der Angestellten wie Methylphenidat (Handelsname z.B. Ritalin) gegen das ADHS-Syndrom oder Modafinil. Dieser Wirkstoff wird bei Tagesmüdigkeit verordnet und ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Modafinil ist mittlerweile bekannt für seinen Missbrauch als Dopingsubstanz. Der konzentrationsfördernde und aufputschende Effekt hat bei langfristiger Einnahme allerdings die gegenteilige Wirkung mit gleichzeitiger möglicher Schädigung von Leber und Nieren.

Irgendwie ist das für mich paradox.

Früher wurden Drogen genommen um der Wirklichkeit zu entfliehen oder (wie in der Hippie-Generation) transzendentale Erfahrungen zu machen.

Und heute: Drogen um mit dem Druck der Leistungsgesellschaft fertig zu werden. Manager, Studenten, Selbsständige… Ich höre davon immer öfter.

Da Frage ich mich: Noch jemand ohne?

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