FDP stellt Numerus clausus für Ärzte infrage

So lautet die Überschrift eines Artikels von gestern bei welt online. Begründet wird dieser Vorstoß mit dem drohenden Ärztemangel: “Die Koalition will den Zugang zum Medizinstudium erleichtern, um dem drohenden Ärztemangel vorzubeugen.” Weiter unten im Artikel heißt es: “Für das Wintersemester 2009/2010 bewarben sich 37.000 Abiturienten um rund 8.500 Studienplätze für Medizin. Damit kamen über vier Bewerber auf einen Studienplatz.” So, und nun darf man mit dem Kombinieren anfangen: Die Koalition möchte also mehr Bewerber für die 8500 Studienplätze zulassen? Wie soll das funktionieren? Den NC lockern und 2 Bewerber auf einen Studienplatz setzen, die abwechselnd die Seminare und Praktika besuchen?

Da stimmt etwas nicht. Die Headline hätte in Wirklichkeit lauten müssen: Die Koalition möchte mehr Medizinstudienplätze einrichten. Denn nur wenn mehr Studenten Medizin studieren, kommen hinten mehr künftige Ärzte heraus. Doch mehr Studienplätze kosten Geld, viel Geld. Eine Lockerung des NC zu fordern, ist ungefährlicher, allerdings ineffektiv.

Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, den NC zu lockern und andere Zulassungskriterien zu erfinden. Wir debattierten darüber schon in diesem Blogbeitrag: Wer eignet sich für ein Medizinstudium? Doch kommen bei 8.500 Studienanfängern auch nach 6 Jahren höchstens 8.500 fertig studierte Ärzte heraus. Kein effektives Rezept gegen den Ärztemangel.

Damit nicht nur 4 von 5 Ärzte in die Patientenversorgung gehen sondern 5 von 5, müssen andere Strategien entwickelt werden. Zum Beispiel:

  • Gute bis sehr gute Betreuung von PJ-Studenten, damit sie gerne in die Patientenversorgung gehen
  • Gute Einarbeitung und Betreuung von Berufsanfängern
  • Entlastung der Ärzte von bürokratischen Arbeiten
  • Vorgesetzte Ärzte, die ihren Assistenten das Leben schwer machen, sollten der Vergangenheit angehören (gibt es leider noch zu viele, wie ich selbst immer wieder im Bekanntenkreis höre. Zitat: “Wenn die PJler bei uns sehen, wie der Chef auch nach 5-6 Jahren Assistenzarztzeit noch mit mir umspringt, wundert es mich nicht, wenn sie keine Lust auf diesen Beruf haben.”)
  • Berufsgruppen, die sich gegenseitig das Leben schwer machen, sollten Teambildungsmaßnahmen durchführen, damit nicht solche Dinge passieren, wie im Ärzteblatt unter “Cappuchinogeschichten” berichtet

Es gibt sicher noch eine ganze Reihe von Ideen, die in manchen Krankenhäusern auch erfolgreich durchgeführt werden und die sich entsprechend nicht über Nachwuchsmangel beklagen können. Vielleicht müssen gerade Krankenhäuser auf dem Land auch ganz neue innovative Konzepte entwickeln, die sie völlig anderen Wirtschaftsunternehmen abgucken könnten:
Gelobt sei, was smart macht
“Landschaftlich ist das hier ein Traum”, sagt Silke Burger. Doch die Personalchefin der mittelständischen Burger-Gruppe kennt auch die Kehrseite der Idylle: Gut ausgebildete Fachkräfte von auswärts sind kaum nach Schonach zu locken. Doch die Burgergruppe hat überraschende Konsequenzen gezogen: Sie betreibt ungewöhnliche Nachwuchsförderung und braucht seither keine teuren Imagekampagnen, um Auszubildende zu bekommen. Höchste Zeit, auch in abgelegenen Kliniken über neue Formen der Nachwuchssuche und -förderung nachzudenken!

Über den drohenden Ärztemangel auf dem Land ist schon 2002 geschrieben worden: Land ohne Ärzte (Brand eins)
In Barmen haben sich die Bewohner selbst darum gekümmert, dass wieder Leben ins Dorf kommt – und ein Arzt: Aus dem Nichts (Artikel bei Brand eins)

Es gibt noch viele weitere regionale Ideen und Konzepte gegen den Ärztemangel, z.B. das Förderprogramm für junge Allgemeinmediziner im Schwarzwald “Gesundes Kinzigtal“  oder “Ärzte für Sachsen” (Beide Artikel bei Via medici online). Inwieweit sie Früchte tragen, muss man sehen. Alleine nur den NC lockern zu wollen, bringt vielleicht Aufmerksamkeit, doch nicht mehr Ärzte.

(Uli)

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