Zugegeben, der Titel dieser neuen kleinen Artikelserie klingt paradox. Normalerweise gibt die ermittelte Diagnose vorhandenen Symptomen einen Namen, fasst also die Summe der Beschwerden zusammen und ordnet sie einer Krankheit zu. Der Name der Krankheit entspricht der Diagnose. Eine Diagnose ist also eher Folge und nicht Ursache von Krankheit. Fragt sich, warum der Titel trotzdem stimmen kann.
Teil 1 Die Diagnose
Sehen wir uns den Ablauf der Diagnosestellung an, wie sie beispielsweise beim Hausarzt typisch ist:
Am Anfang steht die Anamnese, die Befragung des Patienten hinsichtlich seiner Beschwerden und des Beschwerdeverlaufs. Es kann nötig sein, diesen Teil auszudehnen, beispielsweise auf länger zurückliegende Erkrankungen, auf Erkrankungen der Familie, auf die berufliche Situation und vieles andere mehr.
Danach folgt die Untersuchung. Hier setzt der Arzt seine Sinne ein.
das Sehen für die Inspektion (Betrachtung)
das Fühlen für die Palpation (Abtasten)
das Hören für die Perkussion (Klopfschall) und die Auskultation (Abhorchen mit dem Stethoskop)
das Riechen für die Wahrnehmung von Ausdünstungen einer Unterzuckerung bis hin zum Fäulnisgestank eines Furunkels
(der Geschmackssinn entfällt heutzutage, früher wurde der Urin von den Ärzten abgeschmeckt. Der süße Geschmack bewies beispielsweise das Vorliegen einer Zuckerkrankheit.)
Technische Untersuchungen
Sollte es an dieser Stelle nötig sein, folgen vielfältige Untersuchungsmethoden. Von der Blutuntersuchung bis zum Röntgen, vom Ultraschall bis zur Spiegelung reichen ungezählte diagnostische Mittel und Eingriffe.
Die gesamte Prozedur der Diagnosestellung kann unterschiedlich viel Zeit kosten. Das reicht von einer Sekunde bis zu Tagen, Wochen und Monaten
Die Blickdiagnose
Kommt eine Kind ins Sprechzimmer, mit laufender Nase und tränenden Augen, dazu das Gesicht übersät mit Bläschen, Krusten und Kratzspuren, die auch an den Händen zu sehen sind, ist die Diagnose mit einem Blick gestellt. Das Kind hat Windpocken. Nachfragen und Untersuchungen bestätigen die Diagnose nur. So etwas nennt man eine Blickdiagnose.
Die Fahndung nach einer Diagnose
Das Gegenteil von einer Blickdiagnose ist das Suchen nach und Ringen um eine Diagnose. Der Patient bietet möglicherweise eine Menge teils präziser, teils unklarer Beschwerden und Symptome, nichts passt zusammen und die normalen Untersuchungen bringen kein Ergebnis. Ist der Leidensdruck des Patienten und die Bedeutung der Symptome groß genug, geht man auf die Suche. Umgangssprachlich heißt das, der Patient wird auf den Kopf gestellt. So eine detektivische Arbeit kann unterschiedlich lange dauern und Fahrten von Facharzt zu Facharzt nach sich ziehen oder gar einen Krankenhausaufenthalt.
Wie zäh so etwas sein kann und wohin die Suche nach einer Diagnose heutzutage führen kann, folgt im nächsten Artikel.