Die Visite ist vorbei und ich sitze in der Stationsküche und blättere die Zeitung durch, welche eigentlich einem Privatpatienten gehört aber selbigem von Kalle entwendet wurde, da der Patient eh dement ist.
Die Tür geht auf und Jenny kommt rein.
“Du, sag mal, kannst Du mir was erklären?”
“Aber selbstverständlich!” sage ich und bemühe mich um ein strahlendes Lächeln.
“Kannst du mir sagen, was ein Morbus Bahlsen ist?”
Ich unterdrücke ein Lachen.
“Wo hast Du denn das her?”
“Hat Kalle heute früh gesagt, auf Visite.”
“Er hat es zu einem Patienten gesagt?”
“Nee, leise, zu mir, der Patient hat es nicht mitbekommen.”
“Und dann?”
“Dann wollte ich es in die Akte schreiben und er hat so komisch gegrinst und mir den Stift aus der Hand genommen!”
“Hmmm.”
Ich setze die Kaffeetasse ab,weil ich mich sonst verschluckt hätte.
“Was bedeutet das denn jetzt?”
“Also, ‘Morbus’ ist lateinisch und bedeutet ‘Krankheit’…”
“Aha?”
“Manche Krankheiten sind nach berühmten Ärzten benannt.”
“Und wer war nun…?”
“Was fällt Dir zum Thema Bahlsen ein?”
“…Gebäck… Kekse…”
“Bingo!” sage ich feierlich, “Morbus Bahlsen heißt nicht mehr und nicht weniger, dass der Herr Kollege Kalle die Ansicht vertritt, jener Patient habe einen weichen Keks. Oder einen an der Waffel. Oder…”
Jenny verdreht die Augen.
“Kann man das nicht auch anders ausdrücken?”
“Natürlich. Du kannst zum Beispiel sagen: Flatus Cerebri.”
“Was bedeutet das jetzt wieder?”
“Blähungen im Hirn. Oder Furz im Kopf. Man kann auch hinzufügen: Duplex Incarceratus. Das ist dann doppelt eingeklemmt.”
Jenny schüttelt den Kopf.
“Ihr Ärzte habt wohl sonst nichts zu tun!”
Ich lächele sie an, nehme mir noch einen Kaffee und will sie eigentlich fragen, ob sie heute Abend schon was vorhat, aber sie ist schon wieder auf dem Flur verschwunden.