Können Nanopartikel helfen, Krebs und andere Erkrankungen zu besiegen? In der Nanowelt könnte der Schlüssel zu völlig neuen Therapieansätzen liegen. Die Medizin der winzigen Partikel, die Nanomedizin, steht noch am Anfang – die Phantasie der Forscher und die Hoffnung der Patienten ist dagegen groß.
David besiegte Goliath – können Nanopartikel eine Geschwulst vernichten, die mehrere Millionen Mal größer ist als die Winzlinge selbst?
Dieser Frage gehen weltweit mehrere Forschungsgruppen nach. Die Wissenschaftler haben dabei Nanopartikel im Visier, also Teilchen, die in der Größenordnung von einem bis hundert Nanometer liegen. In dieser Größe folgen Teilchen nicht mehr den bekannten physikalischen Gesetzen, sondern zeigen zum Teil völlig neue Eigenschaften. Diese Besonderheit stachelt zum einen Materialforscher und Produktdesigner an, neue Werkstoffe, Kosmetika, Farben und Lacke zu entwickeln. Zum anderen entdecken Mediziner und Pharmakologen in der Nanowelt ein unbekanntes Terrain, auf dem sie nach neuen Therapien suchen können.
So wurden bereits Nanopartikel eingesetzt, um Tumoren sichtbar zu machen oder durch Erhitzen zu zerstören. Wie funktioniert diese Nano-Therapie? Die kleinen Hoffnungsträger sind Eisenoxid-Partikel. Eisenoxide sind Bestandteile von Rost; auch Magnetit, eine magnetisches Mineral, ist eine besondere Form von Eisenoxid.
Dem Tumor einheizen…
Die in der Krebsforschung eingesetzten Nanopartikel bestehen aus einem magnetischen Eisenoxid-Kern und einer Umhüllung, die verhindert, dass die Teilchen aneinander haften. Die Partikel sind löslich, so dass sie sich als Wirkstoff-Lösung in die Geschwulst spritzen lassen. Krebszellen nehmen die Nano-Partikel in sich auf, wo sie über eine lange Zeit unverändert verbleiben. Der Tumor ist nun mit feinstem Eisenoxid vorbereitet.
Wird nun von außen ein wechselndes Magnetfeld erzeugt, kommt es zu Wechselwirkungen mit den magnetischen Nanoteilchen. Als Folge heizt sich der Tumor auf. Für die Krebszellen bedeutet Hitze Stress. Sie verändern ihren Stoffwechsel, so dass sie für eine anschließende Chemotherapie empfänglicher sind. Bei starker Hitze gehen die Tumorzellen zugrunde. Die Nano-Therapie von Krebs wird teilweise in klinischen Studien erprobt. Es gibt Versuche, bestimmte, als unheilbar geltende Gehirntumoren (Glioblastome) und Prostatakrebs mit Eisenoxid in Nanogröße zu bekämpfen. Diese Ansätze werden bereits an Patienten getestet und sind in der klinischen Phase II, des so genannten „proof-of-concept“.
Mit Goldröhren gegen Krebs…
Amerikanische Forscher haben nun eine Methode entwickelt, in denen sie eine Kombination mehrerer Nanopartikel gegen Krebs einsetzen. Getestet haben sie dies an Mäusen. In ihrer zwei-Stufen-Therapie wendeten sie zunächst nanofeine Goldröhren an. Ins Blut eingebracht, durchdrangen diese bevorzugt die „porösen“ Adern in Krebsgeschwulsten und reicherten sich schließlich im Tumorgewebe an. Werden die Goldröhren mit Laserlicht bestrahlt, so erwärmen sie sich beziehungsweise das umliegende Gewebe. Als Folge produzierten die Tumorzellen bestimmte „Stress-Eiweiße“ (p32). Gesunde Zellen und Krebszellen unterschieden sich nun durch dieses Eiweiß.
In einem zweiten Schritt verabreichten die Wissenschaftler Nanopartikel, die den Tumor sichtbar machten. Es handelte sich um winzige Eisenoxid-Stränge. Diese „Nanowürmer“ waren außen so beschichtet, dass sie die „gestressten“ Krebszellen erkannten. Mit einem bildgebenden Verfahren, der Computer-Tomografie (CT), ließ sich nun der Tumor mit Hilfe der Eisenoxid-Stränge sehr genau darstellen.
Eine giftige Fracht…
Um schließlich die Krebszellen abzutöten, halfen Nanopartikel, die ein Medikament in sich trugen. Es handelte sich dabei um so genannte Liposomen, kleine Fetthüllen. Diese Liposomen waren ebenfalls so ausgestattet, dass sie zielgerichtet die Krebszellen erkannten. Und sie lieferten eine giftige Fracht: Doxorubicin, ein Medikament, welches Tumorzellen tötet. Tatsächlich schrumpften im Tierversuch die Geschwulste – ein Erfolg für die Forscher.
Ob dieser Ansatz ausreicht, um Krebsgeschwulste vollständig zu beseitigen, ist fragwürdig. Von einer Anwendung beim Menschen ist diese Methode noch weit entfernt.
Noch weiter wohl auch der Einsatz von Nanobots, also Nanorobotern, die beispielsweise Krebs im Körper aufspüren und ihn gezielt bekämpfen. Träumen ist erlaubt.
Pressemitteilung der University of California, San Diego
Ärzteblatt: Wie Nanoforscher Krebs besiegen wollen
Kommerzielle ausgerichtete Forschung, Nano-Krebstherapie
dr.waitz | medproduction Blog: Nanopartikel als unbekanntes Risiko