Um halb sieben fahren wir los.
Zwar haben wir eine Menge Gepäck dabei, aber Andreas’s Karre ist geräumig genug, außerdem sind wir ja nur zu dritt. Neben mir auf der Rückbank stapeln sich trotzdem diverse Skiutensilien.
Trotz Schneegestöber hier und Matschwetter dort kommen wir gut voran.
Problematisch wird es nur, als wir kurz vorm Ziel den örtlichen Bahnhof ansteuern.
Noch zwei Leute plus Gepäck? Dann wird’s aber wirklich kuschelig eng!
Im Schneegestöber vor dem Bahnhofsgebäude stehen zwei Gestalten. Der eine schlacksig mit Brille – so ein Nerd-Typ, eher schmächtig und seine Begleiterin… wow! Eine Frau, die ein jedes Männerherz höher schlagen läßt: Unter der Designer-Wollmütze lugt eine rabenschwarze Lockenpracht hervor, ihre Haut ist latte-macchiato-farben und ihr Lächeln… sie kommt auf uns zu, öffnet die Fahrertür von außen und winkt mit der linken Hand langsam einmal in die Runde.
“Hi!” sagt sie mit ganz leichtem amerikanischem Akzent, “Ich bin Rachel!”
Dann schaut sie jeden von uns der Reihe nach an und eine Sekunde lang treffen ihre Augen auch die Meinen.
“Hi!” sage ich. Zu mehr bin ich nicht in der Lage.
“Steig ein!” sagt Andreas.
Rachel öffnet die hintere Tür und setzt sich zu mir auf die Rückbank.
Wow, denke ich, und nochmal Wow!
Neben mir sitzt ein leibhaftiger Hale-Berry-Klon, welcher für die nächste Woche mit mir ein Chalet teilen wird.
Wenn das nicht ganz großes Kino ist!
Andreas und der Nerd-Typ verstauen derweil das Gepäck, dann quetscht er sich als Dritter auf die Rückbank. Jeder von uns muss für den Rest der Fahrt mindestens ein Gepäckstück auf den Knien balancieren. Trotzdem schafft es Mr. Brillen-Nerd noch, mir über seine Begleiterin hinweg die rechte Hand entgegenzustrecken.
“Hallo, ich bin Tobias!”
Rachel und er kennen sich vom Studium her, erfahre ich dann, aber wie ….ähem…. intensiv genau sie sich kennen, das läßt sich nicht eindeutig eruieren. Ein gewisser Verdacht ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen.
Wenig später erreichen wir unser Chalet.
Darunter braucht man sich allerdings leider keineswegs ein romantisches freistehendes Holzhäuschen mitten im Wald vorzustellen, es handelt sich eher um eine ganz normale Ferienwohnung in einem größeren Komplex. Es gibt zwei Schlafzimmer mit jeweils zwei Betten – davon eines mit Doppelbett und eines mit Stockbetten. Außerdem eine gemütliche Wohnküche und alles, was man sonst noch braucht. Die Sitzgarnitur im Wohnzimmer läßt sich leicht in ein weiteres Bett verwandeln.
“Wer schläft denn wo?” frage ich vorsichtig.
Sarah steuert zielsicher das Kinderzimmer mit den Stockbetten an. Rachel folgt ihr. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Tobias’s Rucksack liegt schon im Doppelbettzimmer.
“Ich nehme das Wohnzimmer-Sofa!” sage ich.
“Wenn es Dir nichts ausmacht…” meint Andreas.
Macht es mir nicht. Wirklich nicht, ich bin doch nicht schwul.